Hunger im Kopf – Speck auf den Hüften
Wie schafft es das Gehirn an soviel Zucker zu gelangen?
Für den Chef im Körper scheint das keine echte Herausforderung darzustellen, denn er manipuliert bestimmte Organe und Systeme dazu, die benötigte Energie „anzuliefern“. Stockt der Transport oder gibt es Probleme mit dem Nachschub, auch das fordert unser Gehirn nicht wirklich heraus, wenn es um Glukose geht. Wenn von innen eben nichts kommt, muss die Zufuhr von außen solange verstärkt werden, bis das gewünschte Resultat vorliegt: Das Gehirn erhält Zucker.
Für die körperliche Gewichtszunahme beginnt damit ein Problem, das sich in einem Wort zusammenfassen lässt: Gier. Wird das Gehirn zu gierig, fordert es immer mehr an Energie an, als der Organismus als Ganzes betrachtet, eigentlich benötigt und verarbeiten kann. Die Gewichtszunahme nimmt ihren Lauf und weil der Mensch genau das „Gewohnheitstier“ ist, als das er sich selbst in der Umgangssprache beschreibt, wird er mehr essen und trinken, als eigentlich erforderlich ist.
Wie so oft, hat die Psyche einen ganz gehörigen Anteil daran, wie diese Entwicklung weiter fortschreitet. Wenn die Selbstbeurteilung von „Ich finde mich ganz okay“, über „Du hast ganz schön Hüftgold zugelegt“ bis hin zur frustrierenden Erkenntnis: „Du bist zu dick“ gelangt, leidet der Selbstwert und Fressattacken aus Frustration verschlimmern das Ergebnis. Auch in diesem Fall liegt wieder eine Form des Stresses vor, der Leistungsdruck, in dem wir uns an anderen und vermeintlich an den „Besten“, wer immer das in unseren Augen sein mag, messen, wenn wir unseren Körper betrachten.
Essen erfüllt losgelöst vom „Satt-Werden“, zwei wichtige Aufgaben, es ist Genuss und Entspannung. Wir entspannen uns unbewusst beim Essen, weil aus Sicht der Evolution mit der Möglichkeit zur Nahrungsaufnahme, zwangsläufig die Gefahr abgewendet ist, dass wir verhungern könnten. Diese Sicherheit löst innere Anspannung, die Stresspotenziale des Überlebenswillens bauen sich ab und wir entspannen. Neben der Konzentration der Energie im Verdauungstrakt, um die Nahrung zu verarbeiten, ist das ein Grund dafür, wieso wir uns nach dem Essen wohlig müde fühlen.
Stress ist die ganz starke Reaktion des Körpers, auf den Willen zu Überleben. Sie werden mir sicher zustimmen, wenn ich behaupte, dass Stress uns oft aus der Bahn wirft und wir körperlich nicht mehr zentriert, also in unserer Mitte sind. In der chinesischen Gesundheitsphilosophie wird der Funktionskreis „Milz-Magen“ auch als Mitte bezeichnet.
Es existieren viele Verbindungen aus der Natur und im Körper selbst zu den Funktionskreisen. Ein wichtiger Aspekt ist der Geschmack. Süßes ist der Mitte zugeordnet und kann sie stärken. Verlieren wir unsere Mitte unter philosophisch-energetischem Aspekt, will der Organismus instinktiv mehr „Süßes“, um den Verlust zu kompensieren und die Disharmonie zu beheben.
Dass das nicht nur philosophisches Denken, sondern auch reale Wissenschaft ist, bestätigt die Erkenntnis, dass zuckerhaltige Speisen und Getränke die Stresssituation kompensieren und als günstigen Nebeneffekt, gleichzeitig die Stimmungslage verbessern. Dadurch werden gleich drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Stress wird reduziert, die Laune verbessert sich und leider steigt das Körpergewicht.
Beobachten Sie sich und Ihre Kollegen doch am besten selbst. In stressintensiven Phasen steigt der Konsum an Süßigkeiten drastisch an. Es werden Diät-Vorgaben über den Haufen geworfen und Appetit oder Lust auf Süßes wird freier Lauf gewährt. Es wird gefuttert, was das Zeug hält, das schlechte Gewissen wird für später aufgehoben.
Auch Einsamkeit kann den Verzehr von Süßem deutlich und über ein gesundes Maß hinaus ansteigen lassen. Der Volksmund sagt: „Ein Stück Schokolade ersetzt einen Kuss“. Schokolade setzt bestimmte Glückshormone frei und wenn das Glück schon nicht in Form eines geliebten Menschen auf uns trifft, nehmen wir mit der Schokolade das innere „Liebesleben“ eben selbst in die Hand oder in diesem Fall, in den Mund. Aber ob uns das auf Dauer wirklich glücklich macht? Wohl eher nicht.
Schokolade im Besonderen und Süßigkeiten im Allgemeinen, können schon das Leben an grauen Wintertagen erhellen und das ist auch gut so und wir sollten diese Möglichkeiten nutzen, wenn uns einfach danach ist. Besonders im Hinblick auf die Gewichtszunahme, sollten wir sie aber nie als Ersatzstoff für fehlende Zuwendung benutzen.
Und ein Warnhinweis zum Schluss: Wer ein schlechtes Gewissen vermeiden will und deshalb zu Süßstoffen greift, tut sich damit wirklich keinen Gefallen. Süßstoffe irritieren das Gehirn, weil sie einhundert Prozent Süßes versprechen, aber nur ein Fünftel dieses Versprechens halten. Das Gehirn muss aufgrund dieses leeren Versprechens reagieren und fordert einfach noch mehr Süße an.
Darum gilt die Regel, wenn schon Süßes, dann richtig und mit Genuss und ohne Reue.