Spiritualität - der Weg aus der Todesangst - Teil 2.
von Martinus -
Todesangst und Lebensglückzerstörung.
Der Mensch mordet und tötet nicht nur mit Dolchen, Kanonen und Atombomben
Zu morden bedeutet also nicht bloß das direkte Töten eines anderen Menschen. Es ist auch ein Morden, wenn man das Lebensglück anderer unterminiert und ihnen ihr Dasein schwer macht. Wir sehen also hier, dass die Menschen noch in großem Stil Mörder sind. Die Menschen morden und töten nicht alleine mit Dolchen, Kanonen und Bomben, sondern morden und töten in ihrem täglichen Dasein genauso mit Worten, Gedanken und ihrer Mimik und werden dadurch gefährlich für ihre Umgebung.
Die Menschen wissen, dass viele Tiere, wie z.B. die großen Raubtiere und Giftschlangen, gefährlich sind, aber sie denken nicht darüber nach, dass sie selbst in ihrem täglichen Dasein in vielen Situationen noch gefährlicher oder tötender für ihre Umgebung oder Mitwesen sind als Tiere, da sie in großem Ausmaß ihre eigene Art töten.
Während Tiere vorzugsweise nur fremde Arten töten, töten die Menschen in großem Umfang ihre eigene Rasse oder Art. Daher ist das Leben der Menschen das gefährlichste oder das am stärksten verfolgte, das es gibt. Menschen schrecken nicht davor zurück, die Freude anderer am Leben zu unterminieren oder zu schwächen, wenn sie sich dadurch die Vorteile und Güter dieser anderen Wesen verschaffen können. Es ist keine Übertreibung, wenn die heutige menschliche Situation als „Krieg aller gegen alle“ bezeichnet wird.
In der Domäne des Krieges ist es eine Schande, wenn man nicht beleidigt werden kann und dem Prinzip „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ nicht huldigt
Da es die Natur des Krieges ist, Tod und Invalidität zu schaffen, begreift man, dass der „Krieg aller gegen alle“ somit auch mehr oder weniger alle dazu bringen muss, in Tod und Invalidität leben zu müssen, ohne Lebensfreude leben zu müssen, in Sorge vor diesem oder jenem leben zu müssen, von dem man unterminiert oder verfolgt wird. Es ist leicht zu merken, wenn man von anderen verfolgt wird.
Das wird fast immer bis in die kleinsten Einzelheiten registriert. Demgegenüber ist die Beobachtung nicht so präzise, wenn es sich um die eigene Wesensart anderen Lebewesen gegenüber handelt. Obwohl also vieles im Wesen der Menschen liegt, was sie für ihre Umgebung und ihre Mitmenschen gefährlich macht, haben sie von sich selbst fast nie diese Auffassung. Sie meinen immer, dass sie unschuldig Verfolgte sind, und werden dadurch böse auf die anderen Menschen und verbittert. Wie viele Menschen können sich eine Beleidigung gefallen lassen? Ja, wird es nicht geradezu als Schande angesehen, eine derartige Haltung einzunehmen, dass man einfach nicht zu beleidigen ist. Und gilt nicht auch dasselbe, wenn man nicht dem Prinzip „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ huldigt, sondern die rechte Wange hinhält, wenn man auf die linke geschlagen wird?
Die wahre Ursache der Angst in der Welt oder – warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge siehst du nicht.
Wie viele Menschen hält man für einen wirklich sachlichen und gerechten Richter in der Beurteilung ihres eigenen Wesens gegenüber anderen Wesen? Es ist auf jeden Fall nur ein sehr kleiner Prozentsatz. Haben Sie jemals sich selbst einem Verhör gestellt? Haben Sie versucht herauszufinden, wie Sie ein sehr schwerwiegendes und herabsetzendes Wissen über einen anderen Menschen, das sie eventuell bekommen haben, behandeln würden? Sind Sie sicher, dass Sie den im allgemeinen geltenden Drang überwunden haben, eine Sensation zu anderen Menschen weiterzutragen, ganz ohne Kontrolle oder Bestätigung, dass es sich um die Wahrheit oder Wirklichkeit handelt? Selbst wenn Sie vielleicht nichts davon halten, diese herabsetzende Neuigkeit allen und jedem zu erzählen – glauben Sie, dass Sie es lassen können, sie dem einen oder anderen, der Ihr Freund oder Vertrauter ist, zu erzählen? Können sie es nicht, dann sind Sie schon auf der schiefen Bahn, dann sind Sie ein gefährlicher Mensch für Ihre Mitmenschen.
Dann haben Sie bereits eine Mordbewegung, ein Attentat auf das Lebensglück jener Person in Gang gesetzt, die das Objekt Ihres Tratsches ist. Wie gefährlich diese Bewegung für die genannte Person sein wird, hängt davon ab, wie vielen „vertrauten“ Freunden Sie diese Neuigkeit haben zukommen lassen und wie vielen „vertrauten“ Freunden diese ihrerseits die Neuigkeit haben zukommen lassen.
Warum sollten die Freunde, denen Sie die Sache anvertraut haben, nicht genauso wie Sie selbst die Neuigkeit an ihre „vertrauten“ Freunde weitergeben? Kann man nicht annehmen, dass diese Neuigkeit beim größten Teil dieser „vertrauten“ Freunde lang und breit erzählt wird und dass sie nur in einzelnen, besonderen Fällen auf Wesen treffen wird, die sie in ihrem Herzen begraben, um nicht in die Situation zu geraten, dass sie einem anderen Menschen Schaden zufügen? Sie sehen hier, wie messerscharf Sie sich selbst analysieren müssen, um zu einem gerechten Urteil zu kommen. Ist das nicht genau das, was Christus meinte, als er sagte: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“ Hier sind wir zu der wahren Ursache der Angst in der Welt vorgedrungen und damit zu der Ursache von Unfrieden, der Ursache von Krankheiten, Depressionen und fehlender Lebenslust.
Es ist somit das eigene Wesen des Menschen, das die wirkliche Ursache seines Unfriedens, Unglücks und Leidens ist. Er repräsentiert also eine Wesensart, die absolut nicht der Sinn des Lebens sein kann, eine Wesensart, die todbringend oder mörderisch ist. Eine solche Wesensart kann nicht das große Schlussfazit der Entwicklung – „der Mensch als Gottes Abbild“ – sein.
Herzlichst Martinus
Zum ersten Mal im dänischen Kosmos Nr. 8, 1953 mit dem Titel: "Vejen ud af dødsfrygten" erschienen.
Übersetzung: Christa Rickus
© Martinus Institut 1981 www.martinus.dk