Der psychische Bewusstseins-Tempel – das Heilige.
 
von Martinus -
Der pyschische Tempel - das Heilige.
Über der im vorigen Artikel geschilderten psychischen Sphäre, in welcher sich der größte Teil der Erdenmenschheit befindet, gibt es eine andere psychische Sphäre, nämlich die, welche in der Tempelstruktur mit dem Teil des Tempelraums symbolisiert ist, der als das „Heilige“ bezeichnet wird. Zu diesem Teil des Heiligtums oder der erdenmenschlichen Sphäre haben nur die Priester Zugang.
Wer aber sind die „Priester“? Unter den Priestern müssen hier alle Menschen verstanden werden, die auf Grund ihrer Entwicklung begonnen haben, eine eigene Meinung zu haben. Deshalb sind diese Menschen geeignet, Führer oder Leiter für andere Menschen zu sein. Wir finden unter ihnen Führer für sowohl finstere als auch helle Mentalitäten. Sie sind Leiter sowohl von Missionsstationen als auch von Gangsterbanden.
Sie sind gewaltige Agitatoren für ihre eigenen Ideen und treten oft als Leiter von großen Unternehmen hervor. Mit ihrer Fähigkeit, selbständig zu denken, sind sie dazu geboren, die Macht über andere zu ergreifen. Und es gibt kein materielles Gebiet im Leben, wo wir sie nicht antreffen. Sie sind also die festen Punkte des „Vorhofs“ und die Vorhofmenschen sind ihre „Sklaven“, weil sie ganz von den Meinungen, Ideen und Vorstellungen dieser Leiter anhängig sind.
Es sind diese Menschen, die „Diktatoren“, „Führer“ oder „Vorkämpfer“ werden. Sie sind es, die auf allen Gebieten des Lebens, sowohl den finsteren als auch den lichten, die anderen mit ihrem Wissen und ihren Ansichten anfeuern und deren Mentalität Leben geben, sowohl in moralischer als auch in unmoralischer Richtung.
Weil man aber ein selbständig denkender Mensch geworden ist und ein Begehren danach hat, dass alle anderen dieselben Ideen und Vorstellungen wie man selbst haben sollen, braucht dies nicht zu bedeuten, dass diese Ideen und Vorstellungen identisch mit der Wahrheit des Lebens selbst sind, oder mit seiner Logik, d.h. mit den Gesetzen, nach denen das Weltall gesteuert wird. Es gibt also keine Garantie dafür, dass es gleichbedeutend damit ist, Unglück und Leiden zu entgehen, wenn man diesen Menschen folgt. Keine Tatsache ist wohl in unserem Jahrhundert deutlicher demonstriert worden, als eben die Gefahr, den vielen „Führern“ zu folgen, an denen dieses Jahrhundert so reich war.
Wie viele Tausende, ja Hunderttausende sind nicht in unserer Zeit auf Grund ihres Vertrauens zu hervorragenden politischen Führern direkt zu den Schrecken des Schlachtfeldes geführt worden, in Zuchthäuser und zu Strafarbeit? In Wirklichkeit sind alle Landesgrenzen, die Unterdrückung anderer Staaten und das unmenschliche Abschlachten von ganzen Völkern von den gefährlichsten Repräsentanten dieser Art verursacht worden.
Viel religiöser Fanatismus und zerstörende Intoleranz innerhalb dieses für die Menschheit so lebenswichtigen Gebietes haben ihre tiefsten Wurzeln in den höchsten Priestern des „Vorhofs“, und dasselbe gilt für unzählige andere Ursachen von Krieg.
Ein besonderes Gebiet sollte hier auch genannt werden und das sind die verschiedenen politischen Parteien mit ihren Heerscharen von Journalisten, die durch die Zeitungen dieser Parteien, durch Wochenblätter usw. enorme Propagandafeldzüge mit dem einen Zweck veranstalten, Anhänger zu werben und sie damit mental zu Sklaven zu machen, damit sie wie blinde Roboter gegen andere rivalisierende Systeme dirigiert werden können.
Kein Wunder, dass das Menschenleben in einem Wirrwarr, in einem Chaos endet, das nun zwei aufeinanderfolgende Weltkriege verursacht hat. Und kein Wunder, dass unzählige Menschen auf der Welt begonnen haben, aus sowohl religiöser als auch politischer Suggestion zu erwachen und auf eigene Faust begonnen haben, nach Wahrheiten zu suchen, die stabiler sind als jene, die sie vorher so gedankenlos als „ewige Wahrheiten“ akzeptierten. Denn so weise ist das Leben eingerichtet, dass das Leben überall, wo ein Mensch durch Suggestion eine Lebensweise oder eine Lebenseinstellung auslöst, die gegen die kosmischen Gesetze gerichtet ist, auf denen ein unerschütterlicher Glückszustand beruht, mit Schmerzen, Missgeschick und Enttäuschungen antwortet. Dort wird das Leben eine realistische Hölle statt das Himmelreich, das man sich vorgestellt hatte.
Alle Erdenmenschen, die die hier genannten zwei psychischen oder mentalen Sphären durchgemacht haben, haben in Wirklichkeit den finstersten Teil ihrer Entwicklung oder ihrer „Einweihung“ hinter sich gelegt, der notwendigerweise dem Betreten des dritten oder letzten Abschnitts vorausgehen muss, den wir unter dem Namen das „Allerheiligste“ kennen. Diese Menschen sind zum Stadium der Demut gekommen.
Sie fühlen, dass sie mitten in ihrem Wissen trotzdem nichts wissen außer, dass sie nicht mehr durch Glauben oder durch das Diktat anderer geführt werden können. Sie fühlen sich hilflos und rufen nach Frieden. Sie rufen nach dem Sinn des Lebens, weil sie fühlen, dass dieser Sinn existieren muss. Sie sehen, dass andere diesen Sinn gefunden haben und deshalb vollständig souverän und von jeder Form von Suggestion befreit leben. Sie sehen, dass diese Menschen „mit Gott sprechen, wie die Menschen hier mit ihrem Nächsten sprechen“, und ihr Bewusstsein wird mit einer tiefen Sehnsucht danach erfüllt, diesen Menschen in Denk- und Handlungsweise gleich zu werden. Und mit dieser Einstellung sind sie nun die wahren Aspiranten auf den letzten Teil der großen Einweihung geworden. Sie sind durch ihre eigenen, selbsterlebten Leiden und die dadurch gemachten Erfahrungen reif, das dritte der großen psychischen Tempelgebiete, das Allerheiligste, zu betreten.
Herzlichst Martinus
Übersetzung: Erich Gentsch
Erste Veröffentl. dt. KOSMOS 9/1985
Überarbeitung: Helga Holmgren, Karin Linde
© Martinus Institut 1981   www.martinus.dk
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