Bewusstsein: Pferdemenschen
von spiritbooks -
Heide-Marie Lauterer - Pferdemenschen
Wenn du in den Himmel reitest, sei wachsam.
In meinen Reiterkrimis schreibe ich über Gefühle. Über die Gefühle von Menschen im Umgang mit ihren Pferden und über die Gefühle von Pferden im Umgang mit ihren Menschen. Wenn es in meinen Romanen nur um Pferde ginge, so wäre das Schreiben einfach.
Pferde leben in der Gegenwart. Wenn sie wütend sind, dann keilen sie aus, wenn sie Angst fühlen, dann flüchten sie, so weit, bis sie sich sicher fühlen; wenn sie traurig sind, lassen sie auch mal den Kopf hängen. Freude zeigen sie mit Luftsprüngen – mit oder ohne Reiterin auf dem Rücken. Und manchmal lachen sie auch. Pferde verbinden ihre Gefühle unmittelbar mit einem Ausdruck und wenn der Druck weg ist, gehen sie zum Grasen zurück.
Wir Pferdemenschen haben schon früh gelernt, unsere Gefühle zu verdrängen, solange, bis wir sie gar nicht mehr wahrnehmen. Trotzdem sind unsere Gefühle da, nehmen uns in den Griff und verhindern, dass wir ganz bei der Sache sind. Wer gibt schon zu, dass er Angst hat zu galoppieren, wenn das Pferd jung und ungestüm ist; oder nach einer langen Pause wieder angeritten werden muss?
Aber statt zu unserer Angst zu stehen, greifen wir zu Sporen, Gerten und Handschuhen, setzten Helme auf und legen bruchsichere Westen an, wir rüsten uns, als ob wir nicht in den Himmel, sondern in den Krieg ritten.
Ich nehme mich davon nicht aus. Das Herzklopfen vor dem Aufsitzen, die Beklemmung, wenn mein Pferd meinen Hilfen nicht folgt und einen unvorhergesehenen Satz macht, wenn es durchgeht, und ich es nicht mehr halten kann, ich habe diese Angst selbst erfahren und deshalb schreibe ich darüber. Über den Augenblick, in welchem sich das schöne Gefüge meiner schönen Reitstall-Pferdekoppelwelt urplötzlich auflöst.
Trotz Sporen, Gerte und Handschuhen, oder gerade deshalb. Ich habe lange gebraucht, bis ich meine Hauptfigur Vera Roth im „Mörderischen Galopp“ dazu gebracht habe, hinzusehen und zu erkennen, dass ihre Freundin vom Pferd gestürzt war und tot in der Mitte der Reitbahn lag.
Ich schreibe in meinen Romanen auch über die Liebe zwischen Mensch und Pferd und von der Bereitschaft, alles, wirklich alles für das Pferd zu tun, wenn es Hilfe braucht. Im „Mörderischen Galopp“ sitzt Vera eine Nacht lang bei ihrer kranken Stute Nine in der Pferdklinik und setzt dabei die Beziehung zu ihrem Lebensfreund Gerson aufs Spiel.
In der „Mörderischen Liebe“ geht Vera ungewöhnliche Wege in einer winterlichen Vollmondnacht, um ihre totkranke Stute zu retten. Veras vermeintlich große Liebe zu einem Pferdemann geht dabei in die Brüche.
In meinem dritten, noch unveröffentlichten Reiterkrimi (Mörderisches Schicksal) , geht es um Konkurrenz, Eifersucht und Hass zwischen den Menschen auf dem Reiterhof, Gefühle, die das Zusammenleben von Mensch und Pferd vergiften.
Pferde leben in der Gegenwart, in einem Zustand, den spirituelle Meister „Erleuchtung“ nennen. In meinen Romanen spüre ich den Gründen nach, die es uns Menschen schwer machen, in diesen Zustand einzutreten. Und mit jedem Satz, den ich schreibe, wächst die Erkenntnis, dass wir lernen müssen, unseren Pferden zu zuhören, wenn sie uns einladen, mit ihnen zu grasen.
Wenn wir in den Himmel reiten wollen, müssen wir wachsam sein. Das Schreiben selbst ist so eine Art spirituelle Reise, bei der ich die Wachsamkeit der Pferde brauche. Mit meinen Büchern will ich meinen Leserinnen und Lesern einladen, sich in einen Sessel zu setzen und lesend zum Grasen überzugehen.
Über mich
Mit meinem Trakehnerwallach Gordon habe ich viel Zeit verbracht. Er war mein Lehrer in vielerlei Hinsicht. Mit seiner Hilfe habe ich meine eigenen Grenzen ausgelotet und gelernt, bewusst Grenzen zu setzen.
Als er mir durch einen Abwurf unmissverständlich klar gemacht hat, dass er sein Leben auf einem Reiterhof mit Boxenhaltung nicht mehr mitmachen wollte, haben wir uns getrennt.
Heute lebt er im „Pferdealtersheim“ unter freiem Himmel in einer kleinen Herde, aber in meinem Leben ist eine schmerzliche Lücke entstanden.
Ich bin in Heidelberg geboren und zur Schule gegangen. Seit meiner Kindheit übe ich mich im Lesen und Schreiben, zwei Tätigkeiten, die mich neugierig machen und lebendig erhalten.
Mit 11 Jahren habe ich begonnen Tagebuch zu schreiben; Briefe an die Freundinnen, lange Aufsätze und Geschichten – Schreiben hat mir aus vielen Krisen geholfen.
Da mich seit meiner Kindheit eine besondere Beziehung zu Pferden verbindet, und Pferde immer wieder durch meine Geschichten galoppieren, war es nur folgerichtig, dass ich meinen ersten Roman im Reitermilieu angesiedelt habe. Es gibt für mich nichts Schöneres, als lebendige Figuren zu erschaffen und sie auf Reisen zu schicken, Reisen zu sich selbst und zu anderen.
Für alle meine Geschichten und Romane gilt: Ich muss von ihnen berührt sein und die Notwendigkeit gefühlt haben, sie zu schreiben. Nur dann, wenn ich als Autorin von meinem Stoff gefesselt bin, werden es meine Leserinnen und Leser auch sein.
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Ulrike Dietmann, Verlegerin