Warum die Liebe zwischen Frau und Mann in der Grütze liegt
von Robert Betz, Dipl.-Psychologe
In die Beziehungen zwischen Mann und Frau kommt in diesen Jahren Bewegung hinein, besser noch: Männer und Frauen werden jetzt aufgemischt. Denn was da in den letzten Hunderten von Jahren gelebt wurde, hatte seltener mit Liebe zu tun als viel mehr mit Gewohnheit, Starre, Langeweile und gegenseitigem Missbrauch. Denn da, wo zwei glauben, sich brauchen zu müssen, geschieht immer auch das Missbrauchen.
Das grundlegende Problem besteht darin, dass Mann wie Frau seit früher Kindheit lernen, sich selbst zu verurteilen, indem sie versuchen, sich den Erwartungen und Wünschen ihrer Umwelt anzupassen, um hierdurch ein Minimum an Aufmerksamkeit und Akzeptanz zu erhalten.
Denn liebevolle, bestätigende Aufmerksamkeit ist die Grundnahrung jedes Kindes. Da es täglich kritisiert, korrigiert und herabgesetzt wird, beginnt es selbst auch, sich von der Liebe zu sich zu trennen. Zugleich bleibt es hungrig nach der Liebe von außen.
Hierdurch kommen in Mann und Frau zwei hungrige, sich selbst verurteilende Wesen zusammen, die vom Gegenüber etwas haben wollen, was sie sich selbst nicht schenken: Anerkennung und Liebe. Dieser Versuch muss zwangsläufig scheitern.
Ein weiteres Problem ist, dass Frauen und Männer in den letzten 40, 50 Jahren die Kleider vertauscht haben. Die Frauen haben die Hosen angezogen und sind männlicher und härter geworden. Sie lehnen weiblich-runde Körper in der Mehrzahl ab und liegen mit ihrem Körper grundsätzlich weit mehr im Krieg als der Mann.
Männer hingegen sind weitaus weicher und weiblicher geworden, um nicht zu sagen, schlaffer und schwächer. Das Männerideal hat sich im letzten halben Jahrhundert drastisch verändert.
Das hat verschiedene Ursachen. Zum ersten haben fast alle Frauen wie Männer in ihrer Kindheit eine Mutter erlebt, die ihre Weiblichkeit und ihr Frau-Sein nicht feierte, sondern vor allem auffiel durch harte Arbeit, sich aufopfern, klagen und leiden.
Angesicht einer solchen Mutter haben die Mädchen logischerweise gesagt: „So will ich nicht leben!“ Sie wollten es besser und anders machen als ihre Mütter und das ist ihnen bis heute in großem Maße gelungen.
Frauen sind weit ehrgeiziger in Schule und Universität, machen schneller ihre Abschlüsse und wissen, was sie wollen: Unabhängig von dem Gehalt eines Mannes sein und frei. Das finde ich wunderbar. Aber hierfür haben Frauen einen hohen Preis bezahlt, wie besonders der Zustand ihrer Körper und der Frau-Mann-Beziehung belegt.
Diesen Preis zahlten sie deswegen, weil sie glaubten, ihren Erfolg auf männliche Art zu erkämpfen; sie sind einseitig ins männliche Prinzip gegangen, das von Werten und Eigenschaften wie dem Machen, Denken, Ziele erreichen, Kontrollieren, Anstrengen gekennzeichnet, während Kernwerte des weiblichen Ideals wie das Fühlen, Empfangen, Lieben, Entspannen, Genießen, Vertrauen, Hingabe und fallen lassen von den meisten Frauen nicht im Ausgleich gelebt werden, weil sie glauben, dass dies mit Schwäche verbunden sei, die sie sich nicht leisten könnten.
Eva-Maria Zurhorst schreibt in einem Artikel für den FOCUS sehr treffend:“Jeden Tag geht die Tür meiner Praxis auf und wieder kommt eine versteinerte Frau herein. Eine, die die Kontrolle hat über ihren Job, ihr Herz und ihren Körper. Eine, die für diesen Machtzuwachs einen hohen Preis bezahlt hat. Jetzt ist sie schmerzfrei, aber taub. Sie fühlt nichts mehr. Nichts berührt sie mehr in der Tiefe. Nicht im Leben, nicht in ihrer Beziehung und nicht im Bett…“
Männer hingegen leiden seit vielen Jahrzehnten unter den physisch oder psychisch abwesenden oder leidenden, schwachen Vätern oder unter solchen, die die Familie dominieren oder gar terrorisieren.
Jungens sind heute weitaus mehr einseitig der Mutter ausgesetzt, von denen es sich kaum eine nehmen ließ und lässt, verurteilend über den Vater herzuziehen. Das hat in unendlichen vielen Männern ein Höchstmaß an Verstrickung mit ihrer Mutter und ein Getrennt-Sein vom Vaterhinterlassen, was die Frau-Mann-Beziehung zum Scheitern verurteilt, solange er sich nicht aus dieser inneren Abhängigkeit löst und zu seinem Vater eine innere herzliche Verbindung herstellt.
Zudem ist der gesamte pädagogische Bereich bis zum 10. Lebensjahr (Kindergarten und Grundschule) fast ausschließlich von Frauen dominiert. Weder Mütter noch Lehrerinnen aber können kleinen Jungen ein männliches Vorbild sein oder sie in ihren männlichen Eigenschaften fördern. Im Gegenteil: Das Aggressive, Rauhe, Burschikose, Laute, sich Durchsetzende, Kämpfende wird pauschal als unerwünscht verurteilt. Untersuchungen weisen heute mehr und mehr nach, dass Jungen in Schule und Kindergarten systematisch benachteiligt werden.
So haben wir heute eine Unmenge von Männern, die weit tiefer in der Krise stecken, als Frauen es tun. Viele Frauen haben sich in den letzten 20, 30 Jahren in vielen Seminaren und durch Bücher mit sich selbst auseinandergesetzt und haben sich mit ihrem Innenleben beschäftigt, während die Männer dies ein wenig als typisch weiblich belächelten.
Dies beginnt sich jetzt erfreulicherweise zu ändern. Meine ersten beiden Tagesseminare zum Thema „Mach dein Ding, Mann“ waren in kurzer Zeit mit jeweils 170 Männern ausgebucht, die am Ende des Tages mit einer neuen Begeisterung für ihr Mann-Sein nach Hause und zu ihren Frauen gingen. Manche dieser Frauen (die ihrem Mann das Seminar geschenkt hatten), schrieben mir daraufhin: „Danke für meinen neuen Mann, er ist wie ausgewechselt.“
Der Begriff „Ladies first“ stammt aus einer Zeit, in der die Frau sich noch selbst in ihrer Weiblichkeit bewunderte wie das kleine Mädchen, dass sich vor dem Spiegel dreht oder die Frau, die mit einem neuen Kleid sich drehend aus der Umkleidekabine kommt. Mit einer Jeans geht das nicht.
Ein Mann kann eine Frau nur dann bewundern, wenn diese sich selbst samt ihrem Körper liebt und ehrt. Oder anders gesagt: Der Mann kann nur ankommen bei einer Frau, die bei sich selbst angekommen ist.
Frauen irren, wenn sie glauben, sie müssten zum halben Mann mutieren, die mit Nadelstreifen und Krawatte, kurzen Haaren und Stechschritt im Büro ihren Mann stehen. Das heißt nicht, dass sie schwächer werden muss, sondern dass sie ihr Herz öffnet für alles in sich, vor allem auch für ihre Sehnsucht, ihre Gefühle von Angst, Wut und Ohnmacht und für die Liebe zu sich und zum Leben.
Das gilt ebenso für den Mann, der schon früh sein Herz verschlossen hat und in den Verstand ging. Er hat das psychische Erbe der Väter übernommen, riss sich zusammen, hielt durch, tat seine Pflicht, aber alles, was ihm seinen Eigenwert gab, war Erfolg im Beruf (oder im Sport) und Anerkennung von außen (seiner Frau und seinem Chef vor allem). Mittlerweile sind die meisten Männer innerlich total erschöpft von diesem einseitigen Programm. Ihre Körper schreien nach Liebe und nach Ausgleich, nach Entspannung und nach Beachtung von Empfindungen und Gefühlen.
Da viele inzwischen frustriert oder gehetzt in ihrem Beruf stehen und ihre Arbeit innerlich ablehnen, sie von ihren Frauen kritisiert oder verachtet werden, ist ihnen die Begeisterung am Mann-Sein gehörig vergangen (sofern sie diese je hatten). Folglich legen Herzinfarkte bzw. Bypass-Operationen, Knochenbrüche, Gelenkerkrankungen, Bandscheiben- und Prostataprobleme immer mehr Männer auf’s Kreuz in die waagerechte Haltung, die sie freiwillig im Leben nie eingenommen haben.
Denn Männer halten durch und ein Indianer kennt keinen Schmerz – bis es nicht mehr geht. Und ihr Penis versagt im Bett mehr und mehr, weil sie auch selbst nicht mehr in sich und ihrem Mann-Sein stehen.
Männer und Frauen müssen aufhören, sich vom anderen Anerkennung und Liebe zu holen. Nur sich selbst liebende, mit sich selbst und ihrem Innenleben auseinandersetzende Männer und Frauen, die für ihr Lebensglück selbst die Verantwortung in die Hände nehmen, werden in der Lage sein, wirkliche Liebesbeziehungen einzugehen und den anderen in seinem So-Sein anerkennen, ehren und lassen zu können.
In diesen Jahren der Transformation steht die Mann-Frau-Beziehung im Mittelpunkt der radikalsten Veränderung, die wir seit Tausenden Jahren erlebt haben. Ich selbst bin sehr optimistisch, dass beide, Frau wie Mann jetzt aufwachen und sich entscheiden, die Liebe zu sich selbst wie zum anderen wieder in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit zu stellen.
Jedem, der wissen will, warum er in seinem Beziehungsleben noch nicht da ist, wo er hinwünscht, empfehle ich die Lektüre meines Beziehungsbuches „Wahre Liebe lässt frei! – Wie Frauen und Männer zu sich selbst und zueinander finden“. Und wer sich für die Bildersprache der Geistigen Welt öffnen und tiefer das Thema von Mann und Frau betrachten will, das neue Buch „Zersägt eure Doppelbetten – Die Geistige Welt über Liebe, Partnerschaft und Sexualität.
Herzlichst Robert Theodor Betz