Was solltest du selbst als Therapeut beachten, wenn du mit der Selbstregulation des Klienten arbeitest?
von Oliver Unger
Ich beginne immer damit, meinen Schülern zu erzählen, dass sie sich selbst stabil fühlen sollten. Stabilität bedeutet in diesem Fall, dass die Geschichte deines Klienten für dich nicht zu stark beeinträchtigend sein sollte. Wenn er bei dir ist und du dich durch seine Anwesenheit gelähmt, verunsichert oder sogar extrem wütend fühlst, solltest du noch einmal überdenken, ob du mit ihm arbeiten möchtest.
Jede Instabilität als Therapeut schadet dir und damit auch dem Prozess. Denke drüber nach, eine Supervision bei einem Kollegen zu nehmen. Denke daran, dass der Therapeut als Tankstelle für die Selbstregulation des Klienten dient.
Übe dich als Therapeut darin, dich selbst wahrzunehmen, deinen eigenen Körper wahrzunehmen, deine Emotionen wahrzunehmen. Du musst zunächst nicht unterscheiden können, was von deiner Wahrnehmung zu dir oder zum Klienten gehört- es reicht, wenn du es spüren kannst und es dich nicht von deiner Mitte entfernt.
Alles, was während des Prozesses erscheint, ist wichtig. Solange du es wahrnehmen kannst, besteht keine große Gefahr für dich als Therapeut. Bewahre dir eine innere Haltung von Respekt und Achtung vor dem, wie dein Klient sich „anfühlt“, was er aussendet, was er sich nicht anzuschauen traut, wovor er flüchtet.
Kehre ab und an mit deiner Aufmerksamkeit in dein Becken zurück, an deine Wirbelsäule, an die Stelle, wo der Kopf in den Hals über geht (Atlas- und Axis-Wirbel) und spüre kurz, was mit dir ist.
Vergiss nie, dass es um den Klienten geht und du der Therapeut bist - dein Prozess also erst nach der Stunde seine volle Entfaltung bekommen sollte. Richte 60% deiner Aufmerksamkeit nach innen, 40% nach außen. So bleibst du als Therapeut in der Resonanz mit dem Klienten. Dies ist Präsenz, im Hier und Jetzt sein. Mach dies zu deiner Praxis, zu deiner Meditation.
Etabliere auch dringend deine eigene Selbstregulation. Die fehlende Autoregulation des Klienten bewirkt, dass der Klient die Emotionen, die Erinnerungen, die Zustände, die er selbst nicht regulieren kann auf dich abladen möchte. Statt es für ihn zu übernehmen, achte lieber darauf, seine Autoregulation in Gang zu bringen. Da im Laufe einer Sitzung trotzdem das ein oder andere in deinem eigenen Energiesystem landet, sollte deine Selbstregulation funktionieren, so dass diese Übertragungsreaktionen euren Kontakt nicht behindern, weil du nicht damit zurechtkommst.
Wenn deine Autoregulation gut funktioniert, erkennst du die Spannungsfelder, die den Klienten umgeben, spürst du seine unbewussten Inhalte und inspirierst durch deine eigene Entladung sein Nervensystem mittels der Funktionen der Spiegelneuronen, sich selbst zu entladen.
Übe dich also regelmäßig in deiner Selbstregulation. Es gibt verschiedene Möglichkeiten dazu. Bleib mit der Aufmerksamkeit in deinem Körper- im oben genannten Maße. Praktiziere regenerierende Bewegungen des Tief berührt® - Systems und lass deine Entladungsbewegungen während der Sitzung zu. Während du all dies tust, spüre, was im Körper geschieht. So kannst du für deinen Klienten noch mehr Vorbild sein.
Im Laufe deiner Arbeit als Therapeut mit dem Tief berührt®-System etabliert sich deine eigene Autoregulation mehr und mehr, wenn du es zulässt. Bleibe deswegen am Ball- sowohl mit der Arbeit am Klienten, als auch an dir selbst und der Assistenz bei Kursen.
Diesen Satz behalte bei deiner therapeutischen Arbeit immer im Hinterkopf: „Alles, was ist, hat einen Sinn.“ Er weist darauf hin, dass alles, was sich in deinem Prozess mit dem Klienten zeigt, Teil eures unbewussten Felds sein kann, in welchem ihr euch trefft und intuitives Wissen austauscht. Dieses Feld ist eine Art Informationsträger. Durch die Überspannung im System haben sich, wie du jetzt bereits mehrfach gelesen hast, bestimmte Inhalte vom Bewusstsein abgespalten. Und diese Inhalte befinden und wirken in jenem Feld. Sie wirken sich auf euch beide aus und zeigen sich durch Körpersensationen, Emotionen, Vorbehalte, bestimmte Sätze, die immer wieder auftauchen, bestimmte Verhaltensweisen, die immer wieder auftauchen. Es können ganz banale Dinge sein wie:
• Der Klient sagt: „Ich kann dies oder jenes nicht
wahrnehmen“, aber du spürst es genau.
• Du wirst wütend, wenn der Klient mit dir spricht
• Du hast das Gefühl während der Behandlung etwas
falsch zu machen
Solche und ähnliche Informationen können Inhalt des unbewussten Feldes sein und sich einfach anschleichen. Beachte sie und gebe ihnen in deinem Inneren Raum. Du kannst sie auch ansprechen und danach fragen.
Die Arbeit mit Tief berührt® setzt eine Menge solcher Informationen frei. Deswegen ist es gut, wenn du geübt bist, diese zu erkennen und ihnen Worte zu geben. Ich empfehle zur Reflexion die Frage „Ist diese Information/dieses Gefühl vielleicht aus dem Feld zwischen uns?“ Das lädt zum Dialog und zur neugierigen Erforschung ein.
Herzlichst Oliver Unger