Trauma Lösung Schicht für Schicht durch steigender Resilienz
von Oliver Unger
Ein Anwender der Achtsamen Berührungen nach Tief berührt achtet während der Behandlung ganz besonders auf die so genannten „Switches“. Nach dem Modell, das ich in den vergangenen Artikeln zum Thema Spannungsbewältigung des Nervensystems vorgestellt habe, gelangt der Klient während einer Behandlung in zwei Zustände, in denen der Energiefluss sozusagen „umschlägt“ (=switch). Diese Phasen sind von entscheidender Bedeutung und bedürfen dringend der Beachtung, denn sie schützen bei korrekter Umgangsweise den Klienten vor energetischer Überforderung.
Gleichzeitig bringen sie den Körper des Klienten dazu, Energiedurchfluss und damit auch Resilienz zu trainieren. Mit steigender Resilienz wird die Fähigkeit zur Erdung bzw. Ableitung überschüssiger Energie im Körper etabliert. So wird die Beobachtung der Switches zum zentralen Element der Arbeit mit den Achtsamen Berührungen aus dem Tief berührt®-System. Während der Behandlung ist es dementsprechend wichtig, darauf zu achten, wann diese Switches stattfinden.
Der erste, so genannte „Lower Resiliency Switch (LRS)“ tritt kurze Zeit, nachdem am Körper der so genannte PUN behandelt worden ist, auf. PUN ist die Abkürzung von „Point of urgent need“ welches „Punkt des dringenden Bedürfnisses“ bedeutet. In der Zeit, in der der Behandler mit dem Klienten Kontakt aufnimmt, z.B. durch das Gespräch oder eine Stille-Phase vor der Behandlung, signalisiert der Körper des Klienten dem Anwender, wo er ihn vorrangig berühren soll. In dieser Region, dem PUN, befinden sich meist Energieblockaden, welche z.B. durch ein Trauma entstanden und dort gespeichert worden sind. Durch die Berührung gerät die blockierte Energie in Fluss. Das Trauma kann sich „bewegen“. Es wird im Energiefeld neu verhandelt und damit zur Lösung geführt. Jedoch nur in dem Maße, wie die Resilienz des Klienten es zulässt. Je höher die Resilienz des Klienten, desto effektiver und tiefer die Neuverhandlung des Traumas. Der Rest, der nicht innerhalb der Resilienzbandbreite verarbeitet werden kann, entschwindet sozusagen als anschwellende „Dicke“ im Raumgefühl, aufsteigendes „Nebel-“ oder „Schweregefühl“ oder durch aufkommende Kälte in deinem Körperempfinden. Dies ist der LRS. Die Energie fließt nicht mehr durch das fühlbare und benennbare Bewusstsein des Klienten. Der Klient ist nicht mehr in seiner vollen Präsenz. Es ist eher so, dass der Behandler kurz davor steht, die „Arbeit des Klienten zu verrichten“, weil dessen energetische Kapazität nicht vorbereitet ist. Zu diesem Zeitpunkt entschwindet der Klient langsam aus der Präsenz in seinem. Der Parasymphaticus schaltet sich ein. Es beginnt eine Art Dissoziation.
Für den Behandler ist es besonders spannend, das „Gefühl“ genau zu erkunden, welches Auftritt, wenn der Klient an seinem Trauma Punkt, Lower Resiliency Switch-Point (LRS), angelangt ist. Denn so wie es sich für den Behandler in Bezug auf seinen Klienten innerhalb der Sitzung anfühlt, so wird es sich für ihn auch anfühlen, wenn er selbst z.B. privaten Stresssituationen ausgesetzt ist und dabei seine eigene Präsenz verliert. Der Beobachtungsprozess der Achtsamkeit dient also sowohl dem Behandler als auch dem Klienten.
Man könnte sagen, es sei sogar das „Ziel“ der Behandlung durch die Achtsamkeit der Berührungen, diese Switches wahrzunehmen und herauszufinden, wie der Körper des Klienten sich selbst wieder regulieren kann, um wieder vollkommen gegenwärtig, wach und in seiner Achtsamkeit sein zu können. Dies geschieht in der gegenseitigen Resonanz.
Der nächste Schritt ist die Anwendung von Handpositionen zur Erdung und zur Etablierung der Grenzen. Hierdurch reguliert sich der Klient. Die drohende energetische Überforderung stabilisiert sich. Das System wird ruhiger. Sobald ein ausgeglichener Zustand eingetreten ist, taucht alsbald ein zweiter Switch auf. Der Körper sagt ohne: Ich bin jetzt so präsent, dass ich dir das nächste Thema/ die nächste Schicht, die in Fluss kommen soll, präsentieren kann.
Dieser Switch heißt deswegen auch „Rising Presence Switch “ (RPS).
Der Körper hat ein Stück seiner Selbstregulation wiedergefunden, er reguliert sich und das Thema oder Trauma, das du eben behandelt hast, ist ins Fließen gekommen. Jetzt heißt es, dieses Fließen einen kleinen Moment lang mit Achtsamkeit durch die Erdenden und Grenzetablierenden Handpositionen zu unterstützen, zu halten. Und bevor der Körper zu ungeduldig wird - denn das nächste Thema steht ja an, lässt du dich von der Intuition leiten, die nächste blockierte Region durch Achtsamkeit zu finden und zu berühren. Manchmal ist es die gleiche Region, doch du berührst in jedem Fall „eine Schicht tiefer in der Blockade“. Der Kreislauf geht von vorne los. So arbeitet sich der Behandler Schicht für Schicht durch die Blockaden des Klienten bis letztendlich die Lebensenergie wieder ganz frei durch alle Körperregionen fließen kann.
Herzlichst Oliver Unger