"Der Engel der Vergebung und des Mitgefühls"
von Angela Metzlaff
Der Engel der Vergebung und des Mitgefühls
Eines der für mich wichtigsten Zitate, die ich je gelesen habe, besagt “Nicht zu vergeben ist, als wenn wir selber Gift geschluckt hätten, doch erwarten, dass die andere Person daran stirbt.” Wir können nicht in Frieden und Freiheit leben, wenn wir tief in uns Groll verspüren oder ein subtiler Schmerz uns immer wieder an Situationen oder Personen erinnert, die uns verletzt haben. Aus eigener Erfahrung in der Vergangenheit kann ich sagen, dass auch “erfolgreiches” Verdrängen nicht wirklich der Weg der Liebe ist.
Aber was hat es jetzt damit auf sich … was ist gemeint, wenn wir vergeben sollen? Wie geht man mit Situationen um, die unverzeihlich scheinen? Zum Beispiel: Das junge Mädchen, das durch den Vater des ersten Freundes sexuellen Missbrauch erlitten hat. Oder die Familie, die durch einen Betrüger alles verloren hat, quasi mittellos dasteht. Es sagt sich leicht: “ Verzeihe dir und verzeihe allen anderen … du bist frei … sie sind frei!”; doch reicht es nicht, wenn wir es nur sagen – es ist wichtig, es zu fühlen. Vergebung erfordert die Bereitschaft, die energetischen Verbindungen wahrhaftig zu trennen. Wahre Vergebung erkennen wir daran, dass wir an den anderen denken können, oder ihm sogar begegnen können, und das in uns keine Resonanz des Schmerzes oder des Leids mehr entsteht; wir empfinden es neutral, oder im besten Fall beginnen wir, Mitgefühl für den anderen in uns erwachen zu lassen.
Lassen Sie mich etwas weiter ausholen, und den Versuch starten, Sie an meiner Lebens-Philosophie teilhaben zu lassen. Einer Philosophie, die meiner inneren Wahrheit entspricht und die es mir ermöglicht hat, wahrhaftig zu verzeihen und so auf allen Ebenen zu gesunden.
Dieser Philosophie nach, entscheiden wir uns auf einer viel höheren Ebene ganz bewusst für unser Leben - mit all seinen Herausforderungen und Lernaufgaben. Wir schreiben sozusagen unser Lebensdrehbuch und besetzen sogar die einzelnen Rollen der Darsteller unseres „Lebensfilms“ selbst.
Ja, selbst der Kollege, der ständig Streit sucht, bekam seine Rolle als vielleicht bester „Nebendarsteller“ direkt von uns. Vielleicht, um als „Spiegel“ deutlich zu machen, dass es in uns noch etwas gibt, vielleicht Eigenliebe, die gelebt werden möchte. Wir suchen uns unseren wundervollen Körper aus und begeben uns mit Freude in das irdische, menschliche Leben. Als spirituelle Wesen begeben wir uns in dieses große Abenteuer, um unseren eigenen Weg zurück in die Quelle – zu unserer Essenz - zu finden, um zu entdecken, wer wir wirklich sind und welche Lebensaufgabe wir mitgebracht haben. Jede Herausforderung, jedes scheinbare Hindernis dient dazu, uns zu unterstützen - in unserer Entwicklung, in unserem Wachstum und unserer Rückverbindung mit unserer göttlichen Essenz. Wir sind wie Abenteurer, die in dieses Leben springen und wissen nicht, dass sich der Schleier des Vergessens über uns legt, während wir in dieses Leben reisen. Hier unten auf der Erde angekommen, können wir uns an die Vereinbarungen, Herausforderungen und Verträge erst einmal nicht mehr erinnern. Was oben aussieht wie ein Spiel, erscheint uns aus der Perspektive des menschlichen Seins eher wie ein Drama. Eines meiner Dramen war ein sexueller Übergriff, den ich als junges Mädchen erfahren hatte. Als Meister des Verdrängens hatte ich diesen Vorfall ganz weit in ein hinteres Kämmerlein, tief in meinem Unterbewusstsein, vergraben. Lediglich mein zwiespältiges Verhalten gegenüber Männern ließ erahnen, dass in mir tiefe Verletzungen schlummerten. Als ich meinen spirituellen Weg schon lange bewusst eingeschlagen hatte und in eigener Praxis, als Heilpraktikerin und Coach, tätig war, waren es genau diese Verletzungen, die mich unbewusst daran hinderten, mich selber zu lieben und vor allem Liebe zu empfangen. Ich war schon immer sehr aufmerksam und mein analytischer Verstand war sehr dominant. So fiel es mir natürlich auf, dass ich wie ein Magnet Frauen in mein Coaching zog, die genau dieses Thema des sexuellen Übergriffes mit mir teilten.
Diese Thematik beherrschte praktisch mein Praxisleben. In mir erwachte der Wunsch, dieses Drama endlich zu lösen, doch ich wusste nicht wie. Ich betete und die Engel erhörten mich auf eine ganz besondere Art und Weise.
Bei einer Fortbildung für Aufstellungsarbeit, die ich im selben Institut absolvierte wie auch meine NLP - Masterausbildung, traf ich außer den Trainerinnen niemanden den ich kannte. Selbst das Trainerteam war mir nur zu einem Drittel bekannt. Wir waren eine große Gruppe und so wurden wir aufgeteilt und jeweils zwei Trainerinnen nebst Assistenten wechselten sich ab, mal in der einen, mal in der anderen Gruppe, die Aufstellungen zu leiten. Von Anfang an hatte ich eine Aufstellungsleiterin im Visier, bei der ich deutlich Abneigung spürte. Sie war sehr derb von der Aussprache und roch unendlich nach kaltem Qualm – zumindest nahm ich das so wahr. Ich betete, dass meine Aufstellung auf gar keinen Fall unter ihrer Obhut stattfinden sollte. Mein Widerstand gegenüber diesem Menschen steigerte sich mit jeder Sekunde und ich fühlte mich mehr und mehr von ihrer, in meinen Augen plumpen, männlichen Art, abgestoßen.
Nachdem sich ein wirklich anstrengender Aufstellungstag fast dem Ende neigte, entschied das Los, dass ich in die Gruppe mit genau dieser Trainerin kam, gegen die ich mich innerlich so sperrte. Innerlich tobte alles in mir, doch nach außen ließ ich mir nichts anmerken. Die junge Frau, für die ich mich als Repräsentantin zur Verfügung stellte, war mir sehr sympathisch und auch das Thema, welches sie mitgebracht hatte, erschien mir doch relativ human. Wie es bei einer Aufstellung üblich ist, nahm mich die Aufstellerin an den Schultern und lud mich mit ihrer Energie auf, um mich dann auf die von ihr als richtig empfundene Position zu stellen. Allerdings spürte ich nichts. Wir wechselten noch ein paar Mal die Positionen, aber immer wieder mit dem Ergebnis, dass ich wie versteinert da stand und auch wirklich gar nichts fühlte oder wahrnahm. Diese Situation gefiel der Aufstellungsleiterin absolut nicht, war sie doch der Meinung, ich müsse etwas fühlen. So kam sie wenig liebevoll und sehr resolut auf mich zu und fragte mich sehr schroff: „Was würde dir helfen, ins Gefühl zu gehen?“ Ich konnte nur mit einem Kopfschütteln antworten. Da geschah das Unglaubliche, sie erhob ihre Hand schlug sie mir gegen meine Stirn und erhob ihre Stimme mit den Worten: „Jetzt geh ins Gefühl … du sollst jetzt ins Gefühl gehen!“ In mir begann alles zu vibrieren, ich zitterte und sämtliche Erinnerungen an den Übergriff eines Vaters mir gegenüber waren glasklar da. Ich fühlte mich genauso schäbig und hilflos wie damals, als ich mit vierzehn Jahren in diese erbärmlich wirkenden, vom Alkohol vernebelten Augen sah. Ich konnte damals aus dieser Situation fliehen, sodass der mir körperlich überlegene Mann nicht zu Ende bringen konnte, was er beabsichtigte. Niemand hatte mir damals unterstützend zur Seite gestanden, stattdessen hatte man mich davon überzeugen wollen, dass es doch noch mal gut gegangen wäre, und ich doch von einer Anzeige absehen solle. Meine Mutter, die damals noch sehr jung und gerade verwitwet war, stand der Situation völlig überfordert gegenüber. So wurde das, was geschehen war, einfach tot geschwiegen. Aber in meinen Zellen war noch jede Sekunde abgespeichert. Dieser Schlag auf die Stirn katapultierte den gesamten Schmerz, die Scham und die Hilflosigkeit an die Oberfläche. Ich versuchte, mich der Aufstellerin zuliebe zusammenzureißen, aber dieser Geruch von kaltem Qualm triggerte ohne Ende. Ich flippte regelrecht aus und schrie mir meinen ganzen Schmerz von der Seele. Von weitem beobachtete mich die Institutsleiterin dabei, während die ersten, völlig irritiert, zu mir kamen, um zu fragen, was los sei. Sie konnten es ja nicht wissen. Es spielte sich ja alles in meinem Kopf ab, und die meisten von ihnen hatten auch den Auslöser meines Ausbruchs nicht mitbekommen. Ich muss erbärmlich ausgesehen haben und fühlte mich auch so. Da spürte ich eine liebevolle Hand - wie die einer beschützenden Mutter - in meiner. Die Stimme der Institutsleiterin drang sanft an mein Ohr: „Komm Schätzchen, es wird Zeit, dass du dich befreist.“ Ganz eng von ihr in den Arm genommen, hörte sie mir geduldig zu. Es erschien auch gar nicht wichtig, dass ich alles durcheinander warf, den Vorfall während der Aufstellung und den Vorfall, der schon so viele Jahre zurücklag. Irgendwann begannen wir zu sortieren, und ich sah schemenhaft, dass sich ganz leise und achtsam alle Teilnehmer um mich im Halbkreis gesetzt hatten, wie Schutzengel, während ich weiter in den mich liebevoll haltenden Armen weinte. „Es wird Zeit, dass du vergibst, Angela. Bist du bereit, dich von mir durch einen Vergebungsprozess führen zu lassen?“ Ich schaute ihr in die sehr wachen Augen und hatte keinen Zweifel daran, wortwörtlich in den besten Händen zu sein, um endlich all meine Verletzungen der Vergangenheit zu geben.
Ich lernte, mich auf das Licht in jedem Menschen zu fokussieren und nicht auf das Verhalten, aus der Persönlichkeit heraus. Hinter allen abscheulichen Taten von Menschenhand, hinter allen verletzenden Worten und schäbigen Verhalten, steht letztendlich immer die Sehnsucht nach Liebe. An diesem Tag erfuhr ich, dass Vergeben niemals heißt, etwas schön zu reden oder zu verharmlosen. Nein, das Verhalten ist oftmals unentschuldbar - ohne Frage. Aber fokussieren wir uns auf das Dahinter, auf das, was in jedem Menschen wohnt, auf den göttlichen Funken, dann können wir den Schritt von ganzem Herzen gehen.
Ich durchlief den Vergebungsprozess auch mit der Aufstellungsleiterin, die sich mir quasi zur Verfügung gestellt hatte, damit dieser alte, schmerzhafte Müll endlich und vollkommen aus meinem Zellgedächtnis verschwand. Ich bin ihr heute noch dankbar, auch wenn ihr Verhalten von außen betrachtet, sehr fragwürdig war. Doch die raue Berührung meiner Stirn mit ihrer Hand, setzte einen Heilungsprozess in Gang, der mir den Weg zu meiner Eigenliebe endgültig frei räumte. Ich war während der ganzen Zeit von Engeln umgeben … physisch und ätherisch. Einige Zeit später erschien mir Erzengel Zadkiel, der Engel der Vergebung und des Mitgefühls, und gab mir eine genaue Anleitung wie ich den Vergebungsprozess verfeinern sollte. Viele Menschen durfte ich seither begleiten. In meinen Ausbildungen und Trainings lehre ich unter anderem diesen grandiosen Weg der Vergebung.
Das schöne und erfüllende daran ist, dass wir durch diesen Prozess von der Vergebung ins Mitgefühl gelangen. Um bedingungslose Liebe zu leben und alles Leben bedingungslos anzunehmen, bedarf es den Schritt aus der Wertung heraus. Wenn ich vergebe befinde ich mich jedoch noch in der Wertung: “Du hast was Schlimmes getan … doch ich vergebe dir.” Ein subtiles Gefühl von besser und schlechter lässt sich in dieser Aussage nicht verleugnen. Gehen wir im zweiten Schritt jedoch ins Mitgefühl, beginnen wir, mit dem anderen mit-zu-fühlen, dem anderen als einen Teil des Ganzen; dann bewegen wir uns wieder auf Augenhöhe. Denn wir sind alle Eins …
Doch davon mehr im nächsten Artikel … ich freue mich, wenn sie mich weiter begleiten,
Ihre
Angela Metzlaff