Können wir dem Leben vertrauen? - Meditation als Übung für das Selbst.
von Dr. Sylvester Walch -
Können wir dem Leben vertrauen? - Meditation als Übung für das Selbst.
Die innere Weisheit, mit der wir uns letztens beschäftigten, kreiert immer wieder innovative Situationen, fördert Wachstumsprozesse und gibt uns hilfreiche Hinweise für die nächsten Schritte unserer Entwicklung. Deshalb ist es wichtig, auf das höhere Selbst zu hören.
Um für diese wegweisenden Botschaften durchlässiger zu werden, müssen wir aber erst innere Räume schaffen und bereit sein, unsere eigenen Konzepte loszulassen. Deshalb sind sich die nach Kulturtraditionen je unterschiedlichen spirituellen Wege in folgendem Punkt einig: Wenn wir dem Größeren in uns auf die Spur kommen und erkennen wollen, wer wir wirklich sind, ist es erforderlich, mehr und mehr die Innenwelt zu beruhigen.
Für diesen Zweck ist die stille Meditation eine einfache und segensreiche Übung, die Millionen von Menschen praktizieren. Wenn ich daran denke, wie oft die Meditation bei mir Lebensblockaden öffnete, Hindernisse löste und vor allem bei meinem letztem Buch kreativen Beistand leistete, erfüllt mich das mit großer Dankbarkeit.
Die nachhaltige und tiefgreifende Wirkung regelmäßiger Meditation lässt sich für mich am besten so zum Ausdruck bringen: Jeder Tag, der mit einer Meditation beginnt, ist ein gewonnener Tag!
Deshalb erlauben Sie mir, Ihnen eine kurze Vorbereitungsübung zur Meditation anzubieten.
Ich bitte Sie, eine aufrechte und entspannte Haltung einzunehmen, die Augen zufallen zu lassen und die Hände auf den Bauch zu legen. Jetzt richten Sie Ihre Aufmerksamkeit nur auf Ihren Atmen. Ich atme ein und ich atme aus. Jedem Einatmen folgt ein Ausatmen und jedem Ausatmen ein Einatmen.
Dann spüren Sie ganz bewusst den Übergang oder vielleicht diesen winzigen Raum, der zwischen dem Einatmen und dem Ausatmen liegt. In einem zweiten Schritt beobachten wir die Gedanken.
Zunächst einfach nur registrieren, wie jeder Gedanke aufsteigt und wieder absteigt, kommt und geht. Und vielleicht können Sie auch wieder feststellen, wie zwischen Aufsteigen und Absteigen der Gedanken sich ein Übergang bildet, vielleicht sogar eine kleine Lücke oder ein Zwischenraum entsteht. Erlauben Sie sich, ein wenig in diesem Zwischenraum zu verweilen.
Kommen Sie jetzt bitte wieder mit Ihrer Aufmerksamkeit zurück.
Das Entscheidende in der Meditation ist, dass die Zwischenräume der Stille mit der Zeit größer werden. Das ist aber nur möglich, wenn wir das, was sich in uns zeigt, nicht ergreifen oder dem weiter nachgehen, sondern einfach nur geschehen lassen.
Wenn jemand zu meditieren beginnt, wird er in der Anfangszeit auf größere Schwierigkeiten stoßen. Das freischwebende Hineinhören in die Stille kann durch die erlebte Unstrukturiertheit zunächst zu erhöhten körperlichen Spannungen wie zu einem verstärkten Gedankenfluss führen.
Gerade dann, wenn wir ruhig werden wollen, wird es zunächst lauter. Das ist normal, denn wenn wir innehalten, beginnen wir erst zu hören, wie viele Geräusche in uns sind. Es ist ein gutes Zeichen, denn es bedeutet, dass die Sinne wach werden.
Meditation führt generell zu mehr Sensibilität und Klarheit der Wahrnehmung. Wenn man nun die inneren Abläufe weder kommentiert noch bewertet, sie also einfach nur sein lässt, kann sich der Geist sammeln und tief in das Innerste versenken.
Es kommt also darauf an, das, was uns 24 Stunden am Tage beschäftigt, loszulassen. Das ist gar nicht so einfach, denn wer bin dann eigentlich noch, wenn ich vieles, dem ich sonst Bedeutung beimesse, zur Seite lege.
Deshalb ist es wichtig, nicht zu viel zu wollen, denn das führt meistens zu Frustrationen.
Durch das Zurücktreten des identifizierenden Bewusstseins von der Position des Mitspielers auf die Position des Beobachters legt sich aber allmählich die Unruhe.
Da unser Fokus dann nicht mehr auf etwas Bestimmtes gerichtet ist, kann unser Bewusstsein beweglicher, weiter und offener werden, für neue Horizonte der Wahrnehmung.
Der islamische Mystiker Rumi sagt: Hinter den Gedanken liegt ein Feld. Möchtest Du mich dort treffen?
Er verweist auf das vom Vorstellen und Denken unberührte Sein, das sich durch gewähren lassen entbirgt.
In diesem Zustand erleben wir vielleicht auch, dass sich die Mannigfaltigkeit des Existierens zu einem Rhythmus, zu einer Schwingung und zu einem Gleichklang fügt. Alles darf so sein, wie es ist, alles ist in Ordnung und wir fühlen uns am richtigen Platz, eingebettet in das Ganze, tief verbunden mit dem Leben und der Mitwelt.
Jeder von uns kennt solche Augenblicke des Glücks, in denen das Leben wie von selbst fließt.
Wenn im unmittelbaren Gewahrsein alles so erscheinen kann, wie es ist, werden wir für die Wesensnatur des Seienden und die Totalität des All-Einen transparent.
Aus diesem größeren Ganzen, entspringt jene Quelle von Inspiration, Heilung und Kraft, die zwischen den Gedanken, Empfindungen, Atemzügen und Herzschlägen zugänglich wird. Sie ist immer da, immer nah, jederzeit offen, aber nie aufdringlich, nur durch einen dünnen Schleier von uns getrennt.
Das nächste Mal werde ich darauf zu sprechen kommen, wie man eine regelmäßige Meditationspraxis allmählich entwickelt.
Für heute darf ich mich von Ihnen verabschieden und Ihnen alles Gute wünschen. Ich freue mich auf unseren nächsten Kontakt
Ihr
Sylvester Walch
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