Mein Gott, was für eine wundervolle Vorstellung - endlich mit allem durch zu sein! Kein Leid mehr, nur noch erleuchtetes Sein mit absoluter Fülle, innen, außen, vorne und hinten. Ein Traum, dem wir nur zu gerne folgen, Schritt um Schritt, mit dem großen Ziel, endlich am Ziel anzukommen.
Dann wäre alles nur noch Segen, Freude, Kopfparty und Herzensschmaus! Juhu!
Haben Sie schon mal, ich muss das jetzt so banal fragen, Ihre Wohnung geputzt? Haben Sie diesen elenden Dreckstall, den nicht mal Sie alleine verbrochen haben, komplett aufgeräumt, geputzt, gebohnert, entstaubt und poliert? Ja? Na, ganz sicher haben Sie das, daran zweifle ich nicht. Oder aber Sie haben jemanden, der das für Sie erledigt. Auch praktisch. Kann man sich eigentlich auch Putzhilfen für die geistige Säuberung einstellen? Darüber denke ich an anderer Stelle nochmal nach.
Zurück zu unserem Wohnungsputz. Was ist das für eine Wonne, wenn alles blitzeblank ist! Wenn man mit weißen Socken durch das Wohnzimmer rutschen kann und sie sind unten immer noch weiß! Wenn man an den Herd geht und der glänzt so schön, dass man eigentlich gar nicht mehr darauf kochen will, weil er so schick aussieht! Herrlich ist das!
Für ein paar Tage. Maximal.
Dann kommen sie wieder, die elendigen Wollmäuse, bei denen man sich fragt, wie sie es wieder am Kater vorbeigeschafft haben. Da liegen Krümel unter dem Tisch, da hat jemand Saft ausgeschüttet. Dabei hat man selber tagelang so steril wie nur möglich gelebt! Herrjemine noch einmal, das kann doch alles gar nicht sein! Geht die Plackerei denn schon wieder los?
Mitnichten. Wenn ich gleich anfangen, mit dem Staubtuch über den Herd zu fahren, die Krümel und die Minimäuse wegsauge, dann ist das schnell erledigt und es sieht wieder wunderbar aus. Lasse ich aber den Schlendrian wallten, tja, dann werde ich mich irgendwann wohl wieder zu einer größeren Säuberungsaktion hinreißen müssen.
So ist das auch bei unserem Geist.
Es ist eine weitere Illusion, dass wir irgendwann, bei genügend Einsatz, erleuchtet wären und dann wäre der Rest Geschichte. Goenka, der große Meister und der Verbreiter von Vipassana, meinte einst so weise, dass es die Aufgabe eines Buddha, also eines Erleuchteten, sei, dafür zu sorgen, die Lehre, wie man dorthin komme, weiterzutragen. Und, so fuhr er fort, den Geist auch rein zu halten. Nix mit Antistaubvorrichtung forever by Gottesgnaden! Nein, auch der Erleuchtete hat Hausaufgaben! Manche ziehen sich deswegen wohl auch in die sprichwörtlichen Höhlen zurück, damit die restliche Menschheit da nicht so viel im sauberen Geist rumpfuscht. Nur zu verständlich.
Ich (und bei aller Bescheidenheit: Eine Buddha bin ich noch nicht so im Vollglanz, das gebe ich problemfrei zu) erlebe es in diesem Tagen auch wieder recht deutlich, dass es einen Lebensbereich gibt, wo mein Geist schon mal sauberer war. Ich weiß auch, dass niemand anders den Dreck wieder reingelassen hat als ich selber. Jaaaaa, schöne Erfahrung ist das. Durch sein mit etwas heißt nicht automatisch: für immer durch sein damit. Hausaufgaben machen hört eben nie auf. Nur leichter werden sie, immer leichter, und viel schneller zu machen.
Und was ist mit den Superheiligen? Die sind doch wohl durch! Können die nicht einfach nen faulen Lenz machen? Können? Vielleicht. Aber ein Mensch, der seine Themen überwunden hat, der hat kein Interesse daran, alle Viere von sich zu strecken und nur noch auf der Yacht rumzudüsen. Vielmehr setzen diese Menschen ihre unglaubliche Kraft dafür ein, andere zu unterstützen. Diese Menschen (?) arbeiten um ein Vielfaches mehr als wir alle hier. Das ist übrigens auch eine schöner Art, sich zu reinigen und rein zu bleiben, durch den Dienst an anderen.
Also, Freunde, packen wir’s an! Spirituelles Hausaufgabenheft raus und mitschreiben. Bis zum nächsten Leben ist Folgendes zu erledigen:
Geist reinigen, Körper reinigen, Seele freilegen und dann alles so taufrisch und sauber wie möglich halten.
Morgen fragt euch das Leben dann ab.
Setzen. Und Schultern dabei locker, mein Gott!