Heute wollen wir uns etwas näher mit unserem Körper beschäftigen.
Viele Menschen haben Probleme, ihren Körper ganz und bewußt wahrzunehmen, nicht nur einen Körper zu haben (und diesen ganz oder teilweise ablehnend), sondern körperhaft, wesenhaft zu sein.
Auffällig ist auch, daß es immer mehr Körperschema- und Eßstörungen gibt.
Sicher, im Laufe der letzten Jahre hat dieses Thema in der Öffentlichkeit wesentlich mehr Aufmerksamkeit bekommen. Trotzdem und trotz der hohen Dunkelziffer von Betroffenen, ist diese Störung immer häufiger. Wie früher überwiegend Mädchen und junge Frauen betroffen waren, ist die Anzahl der Jungen und jungen Männer beträchtlich angestiegen. Das überall gegenwärtige Schönheitsideal ist auch kaum zu übersehen. Halb verhungerte Mannequins auf den Laufstegen, Plakaten und in jeder Zeitschrift. Auch für Männer hat sich das Vorbild für die neue Männlichkeit drastisch verändert.
Zugleich jedoch ist es auch ein Indiz, innerer Sinnleere und mangelnder Möglichkeit auf Grund inne liegender Fähigkeiten Akzeptanz zu erfahren. Auch das Erleben begehrenswert zu sein ist eng an die äußere Form gekoppelt.
Doch nicht nur Magersucht und Bulimie zählen zu den Eßstörungen und sind damit auch körperlicher Ausdruck von inneren Konflikten und Zerrissenheit. Wir können uns auch eine "dicke" Haut zulegen, oder um nicht in die Gefahr zu großer Nähe zu kommen legen wir uns einen Schutzpanzer zu.
Zugleich leben wir aber schon einige Jahrhunderte in einer Welt, in der die Lust am körperlichen Sein und die Freude an der körperlichen Lust als verwerflich gilt. Die christliche Kirche spricht sich gegen die fleischliche Lust aus und zur Vermehrung sollte es mehr ein Übel sein, das man eben für die Kinderfreuden erdulden muß. Daß zugleich eine extreme Frauenfeindlichkeit offen ausgelebt wurde (und auch noch immer wird), die Frau als die Versucherin schlechthin, wurde während der Hexenverbrennungen mehr als deutlich. Die Frau nur geduldet als devote Untertanin.
Vielleicht denkst Du jetzt an die vor einigen Jahrzehnten begonnene Frauenbewegung.
Doch zum einen ist diese im Vergleich zu der Jahrhunderte alten Bewegung sehr jung und zum anderen ist es hilfreich auch diese näher zu betrachten. Was “wir Frauen” erreicht und gelernt haben ist, uns immer besser in einer von männlichen Prinzipen geleiteten Welt zu behaupten. Manch einer gelingt es sogar ein besserer “Mann” zu sein, als manchem Mann. “Eine Kanzlerin geht seinen Weg”, ein Spruch aus dem Radio - gemeint ist unsere Frau Merkel.
Nicht nur, daß daraus unweigerlich einen doppelte Verunsicherung für den Mann entsteht - zum einen, daß die Frau aus ihrer bisherigen Rolle aussteigt, nein, sie beginnt noch zusätzlich immer mehr Bereiche “seiner” Welt mit “seinen” Methoden zu erobern. Es waren wichtige erste Schritte in den letzten Jahrzehnten, und ich bin auch der Überzeugung, daß Frauen, die von sich aus überwiegend das männliche Prinzip leben, gleiche Chancen und Rechte in der vom männlichen Prinzipien strukturierten Welt haben sollten. Doch bleibt dann die Frage, wer das weibliche Prinzip wieder stärkt und zum Gleichgewicht in dieser Welt führt. Überlassen wir es jetzt den Männern das weibliche Prinzip erst in sich zu entdecken um es dann wieder ausgleichend in die Welt zu bringen?
Möglicherweise ist die Bewegung des androgyn gestylten Mannes eine der vorläufigen Antworten darauf.
Es ist natürlich, daß wenn etwas aus dem Lot kommt es erstmal ins Pendeln gerät. Aber vielleicht ist es für uns Frauen jetzt an der Zeit, unsere Weiblichkeit zu entdecken, ganz Weib zu werden und als solche auch in der Welt zu wirken.
Welche Aufgabe wir im einzelnen jedoch auch haben - mehr weibliche Prinzipien in die Welt zu bringen, ein starkes Gefühl von Mannsein erfahren oder vielleicht auch die alten Rollenverständnisse wieder zu beleben - wirklich (und damit wirksam) kraftvoll wird dies dann, wenn wir auch Frieden mit unserem Körper schließen und nicht nur einen Körper haben, sondern körperlich, wesenhaft "sind".
Fortsetzung folgt...
Ich freue mich auf Dich!