Unsere Anteile, Themen und Emotionen die in unserem Schatten schlummern wollen gesehen werden, sie wollen dazu gehören und - sie werden so lange keine Ruhe geben, bis ihnen dies erfüllt wird.
Die erste Schattenübung wollen wir mit der Körperhaltung und -wahrnehmung verknüpfen:
Denke an einen Menschen, der Dich nervt, den Du nicht leiden kannst oder zumindest eine bestimmte Eigenschaft an ihm. Vergegenwärtige ihn Dir so genau wie möglich, welche Körperhaltung, welche Art sich zu bewegen hat dieser Mensch (oder wenn diese Eigenschaft zum Vorschein kommt). Achte auch auf typische Gesten, die Mimik und wie seine Stimme dann klingt.
Nun gehe selbst in diese Körperhaltung und ahme die Art sich zu bewegen, die Gesten, die Mimik und die Art zu sprechen nach. Bewege Dich so nun einige Minuten durch den Raum. Achte darauf, welche Emotionen auftauchen, wie nimmst Du Deinen Körper wahr, welche Bilder, Erinnerungen oder Vorstellungen gehen Dir durch den Sinn? Frage Dich auch, wo in Deinem Leben Du dies gut brauchen könntest und erlaube Dir auch zuzugeben, wenn es Dir Freude macht dies jetzt ausleben zu können.
Machen Dir über Deine Erfahrung Notizen.
Wenn wir einmal so weit sind, in einen Schattenspiegel zu blicken, sind wir oft erstmal verwirrt. “Soooo bin ich doch nicht“, oder “ich kann hier gar keinen Bezug zu mir feststellen.” Und es stimmt auch. Soooo sind wir nicht. Ganz oft ist der Schattenspiegel auch ein Zerrbild von unserem Thema. Wir müssen dann unseren Blick umstellen. Es geht nicht um genau diese Art und Weise z. B. die Wut auszuleben. Aber es geht darum, der Wut auf unsere Weise einen Platz und natürlichen Ausdruck in unserem Leben zu geben.
Wir haben natürlich auch noch andere Möglichkeiten unseren Schattenthemen auf die Schliche zu kommen. Im Grunde brauchen wir dazu nur den Mut, Offenheit und Achtsamkeit. Beobachte Dich im Alltag: wann ziehst Du Deine Aufmerksamkeit von einem Objekt, einer Situation, einem Geräusch ab? Gibt es einen Körperbereich auf den Du Dich nicht konzentrieren kannst? Gibt es Körperbewegungen, die Dir verboten scheinen? Welche Themen willst Du in der Beziehung vermeiden? Welchen Situationen weichst Du aus? Was kannst Du in der Außenwelt nicht tolerieren? Notiere Dir die Antworten. Nur zu leicht gelingt es uns nämlich stets die Antworten wieder zu vergessen.
Ich möchte Dir Vorschlagen, auch dazu Übungen zu machen.
Beginnen wir bei dem ersten Punkt. Beobachte Dich aufmerksam.
Bewege Dich innerlich auf Deine Grenze zu (auf das Objekt) und vergegenwärtige es Dir. Achte auf alle Emotionen, Gedanken, Bilder, Erinnerungen und vielleicht auch Träume die dabei in Dir auftauchen. Lasse nun aus der Summe dieser Wahrnehmung sich eine Gestalt bilden. Beginne mit dieser Gestalt zu kommunizieren. Frage sie, welche Botschaft sie für Dich hat, was sie braucht, worauf sie hinweisen möchte und wie sie Dein Leben bereichern könnte. Wechsel nun wieder Deine Gestalt und identifiziere Dich mit dem Wesen. Fühle Dich so gut es geht in diesen Körper, seine Haltung und den gesamten Körperausdruck ein. Wie geht es dir bei diesem Menschen? Was wünschst Du Dir? Und antworte dann auf die gestellten Fragen. Nun werde wieder Du selbst. Nehme wieder Deinen Körper, Deine Emotionen, Gedanken … wahr. Hat sich was gewandelt? Wenn ja, was.
Führe den Dialog so lange weiter, bis Du verstanden hast, was da ins Licht möchte. Vielleicht Bist Du bereit, Dich dieser Bereicherung zu öffnen, vielleicht brauchst Du aber noch etwas Zeit. Beides ist völlig in Ordnung. Wenn Du noch Zeit brauchst, teile dies dem Wesen mit.
Mache Dir Notizen über Deine Erfahrungen und Erkenntnisse.
Wenn wir achtsam und ehrlich mit uns selbst sind, finden wir immer wieder Themen oder Situationen aus denen wir uns rauswinden. Wir wechseln augenblicklich das Thema und ganz oft haben wir auch das Glück, daß uns unser Gegenüber nicht festzunageln versucht. Wenn doch werden wir meisterhaft darin unkonkret zu sein, doppeldeutige Antworten zu geben oder, noch viel besser den Spieß umzudrehen. Gekonnt spielen wir den Ball zurück und nun ist es der Andere, der Rede und Antwort stehen soll.
Des weiteren sind wir auch plötzlich sehr erfinderisch, weshalb wir jetzt nicht zum Familienbesuch, oder die Bewerbung nicht schreiben können oder, oder, oder...
Alle Manöver haben zum Ziel diesen Themen und Situationen auszuweichen weil - ja weswegen eigentlich?
Diese Frage stellen wir uns viel zu wenig. Angenehmer ist es unsere Ausreden für bare Münze zu nehmen. Und für den Augenblick ist es dies wohl tatsächlich. Was sich so aber nicht ereignen wird ist, daß wir die dahinter liegenden Ängste (oder andere Emotionen) wahrnehmen und uns so aus festgefahrenen Vermeidungsstrategien lösen. Der Preis den wir dafür bezahlen ist hoch. Wir schränken unseren inneren und äußeren Lebensraum ein.
Anders, wie in manchen Büchern (Therapierichtungen) postuliert, bin ich nicht der Meinung, daß man Widerstände zur Not auch gewaltsam durchbrechen müßte, weil erst dahinter das Eigentliche zum Vorschein kommt. Es verstärkt den Eindruck, daß der Widerstand etwas mir fremdes ist, das weggehauen werden kann. Doch der Widerstand ist eine höchst kreative Leistung die wir aus unserem eigenen Vermögen kreiert haben. Nicht etwas sondern ich widerstehe!
Und dies immer aus gutem Grund.
Die meisten Vermeidungs- und Widerstandsleistungen gehen in der Zeit weit zurück bis in unsere Kindheit.
Wir wollten überleben - und haben überlebt. Doch als Kind hatten wir viel weniger Fähigkeiten und Ressourcen als heute. Und trotzdem halten wir an der Vermeidung und dem Widerstand fest.
Vielleicht ist heute eine gute Gelegenheit damit zu beginnen, den einen oder anderen Krückstock aus alter Zeit dankbar zu verabschieden.
Fortsetzung folgt...
Ich freue mich auf Dich!