Heute Morgen brachte ich mein Auto in die Garage um die Winterpneu montieren zu lassen. Beim Zurücklaufen genoss ich so richtig, einfach nur zu laufen, jeden Schritt bewusst zu geniessen, zu atmen, herumzuschauen. Ganz am Anfang hatte ich kurz den Impuls, mein Smartphone hervor zu nehmen und während dem Laufen ganz effizient meine Mails zu checken. Ich entschied mich dagegen. Die Zen-Buddhisten sagen, Meditation ist gehen, wenn du gehst, essen wenn du isst, liegen wenn du liegst usw.
Wie oft machen wir das noch in unserem Alltag? Sind wir nicht dazu getrimmt worden mehrere Dinge gleichzeitig zu tun und fühlen uns noch gut dabei wenn wir Multitasking-fähig sind? Gerade uns Frauen wird das nachgesagt, dass wir prädestiniert dazu seien, gleichzeitig zu kochen, den Streit der Kinder zu schlichten, ein Telefon zu führen und zwischendurch noch die Post zu sortieren. Eigentlich ein Wahnsinn, was für ein Stress! Und nun kommt noch das Smartphone dazu…..
Mir fielen heute auf meinem kurzen Spaziergang gleich 3 Menschen auf, die zum Zug hasteten, dabei eine Zigarette rauchten und auf das Smartphone starrten. Und ihre Umgebung überhaupt nicht mehr wahrnahmen. Wie Zombies! Da wurde mir bewusst, so ein Zombie bin ich manchmal auch!! Ich gebe es zu, ich liebe mein Smartphone. Was für eine praktische Erfindung. Wo es früher 7 Geräte oder Dinge brauchte, um zu telefonieren, fernzusehen, zu fotografieren, den Eisprung auszurechnen, die Termine einzutragen, zu spielen und Zeitung zu lesen benötigen wir heute nur noch ein einziges Gerät. Genial! Und doch…..mir persönlich stiehlt es ganz viel Zeit, weil es mich dauernd auf News aufmerksam macht und ich mich dadurch zersplitte, nicht mehr fokussiert arbeite und vor allem, die einzelnen Tätigkeiten nicht mehr bewusst mache, machen kann. Wie schade!
Es tut so gut, nicht dauernd erreichbar zu sein, wenn die Kinder heimkommen, ganz für sie präsent zu sein. Wenn ich telefoniere, nicht noch auf dem anderen Gerät die News zu checken, im Zug die Gegend oder die Menschen betrachten anstatt den scheinbar spannenden Bildschirm. All dies lenkt uns nur von uns selber ab, von der Präsenz im Hier und Jetzt und vom bewussten Leben.
Lange hatte ich das Gefühl, mir geht Zeit verloren, wenn ich nicht alles gleichzeitig mache und doch hatte ich nie Zeit, war dauernd gestresst, hetzte von Termin zu Termin. Seit ich mir bewusst viel mehr Zeit für mich nehme und möglichst nur noch eine Tätigkeit aufs Mal mache, bin ich zwar scheinbar nicht mehr so effizient, weil nicht mehr Multitasking, aber ich bin ruhiger, zentrierter und komischerweise ist meine Arbeit trotzdem erledigt. Seit ich den Mut gefasst habe, zu Menschen mit ihren Anliegen auch mal Nein zu sagen oder einfach nicht zu reagieren auf eine Nachricht oder ganz klar einzugrenzen wann ich erreichbar bin und mich selber am Wichtigsten nehme, bin ich ausgeglichen und glücklich und kann sagen, ich habe ein wunderbares Leben. Ich bin im Einklang zwischen Arbeit und Entspannung. Es brauchte lange bis ich mich dazu durchringen konnte, ein Burnout mit Klinikaufenthalt, mehrere Burnout-Vorstufen und ein dauerndes Gefühl des Gehetzt Seins, immer mehr Schmerzen an immer mehr Köperstellen und vor allem fast nicht mehr entspannen können. Und das passierte mir, ich die täglich mit Menschen zu tun hat und ihnen genau das sagt, was ich auch hätte tun sollen, mir mehr Zeit für mich selber nehmen und entspannen. Ich wusste zwar immer dass dies auch für mich gilt, doch ich hatte das Gefühl, es geht gar nicht. Ich muss alles im Griff haben mit Kindern, Haushalt und Beruf, schliesslich bin ich alleinerziehend, da wird eh mit Argusaugen auf einen geschaut, ob man alles richtig macht. Ja, auch Therapeuten und Coachs haben genau die gleichen Themen wie du und dein Nächster.
Inzwischen interessiert es mich einfach nicht mehr, was andere Menschen denken und sagen, ich weiss, ich mache das Beste was ich kann. Und ich nehme mich und meine Bedürfnisse ernst und erst dann kommen die anderen. Ganz entgegen der Erziehung der meisten von uns. Dann kommen meine Kinder und erst dann meine Klienten. Ich nehme das Telefon nicht mehr ab wenn ich müde bin und nehme stattdessen lieber ein entspannendes Bad (ohne Smartphone).
Wie kommen wir aus dieser Überflutung von Informationen wieder heraus, die uns Smartphone, TV, Radio und Zeitung liefern?
Ich habe schon vor langer Zeit damit begonnen, mich nur noch mit förderlichen Informationen einzudecken, ich schaue z.B. keine Gesundheitssendungen mehr (die sollten eigentlich Krankheitssendungen heissen), keine Krimis, überfliege die Nachrichten nur, lasse sie nicht an mich herankommen, schaue nur Sendungen, die mein Herz erfreuen oder meinen Kopf mit spannenden News füttern, höre kaum Radio, aber dafür herzerfüllende Musik, tanze und singe dazu, weil das meinem Körper, meiner Seele und meinem Geist gut tut und geniesse zwischendurch die reine Stille.
Ich kann nicht mehr in dauerndem Lärm sein, wenn die Kinder zuhause sind ist das schon genug Geräuschkulisse, da braucht es keine Musik mehr. Wenn ich Musik höre, möchte ich nicht reden usw.
Machst du mit mir ein Experiment? Lass uns Smartphone-freie Zeiten einführen. Überlege dir wann du das Smartphone aktiv bei dir hast und immer wieder nachschaust und wann nicht. Und dann baue bewusst die Zeiten aus in denen du das Smartphone ausschaltest oder zumindest auf lautlos stellst. Du wirst merken, dass du damit Lebensqualität gewinnst. Ich habe den ersten Schritt getan und mein Facebook App vom I-Phone entfernt. Wie entlastend! Erst dadurch ist mir aufgefallen wieviel Zeit ich mit dem Checken der Facebook-News und dem Beantworten von Nachrichten verbraucht habe. Dadurch ist mir vor allem Zeit für mich selber, für die Entspannung verloren gegangen. Es ist ein tolles Gefühl nicht mehr Sklave seines Smartphones zu sein und plötzlich gibt es viel weniger Störungen, viel weniger Gepiepe und ich entscheide, ob und wann ich am Tag Zeit für Facebook einräume. Bei dir mögen es vielleicht Spiele sein, Twitter oder lange Telefone, die dir am meisten Zeit stehlen. Wo kannst du für dich wieder Freiräume schaffen?
Lass mich doch teilhaben an deinen Erfahrungen, ich würde mich freuen!
Herzlich, Michèle Zechner, 14.11.2012
www.flow-lebenstraining.ch
www.flow-lebenstraining.ch