Das Gewissen - was ist richtig und was ist verkehrt?
von Martinus -
Das Gewissen ist der Faktor, der nach einer Reihe von Inkarnationen das Tier zum Menschen verwandelt.
Wie können aber die Menschen herausfinden, was richtig ist, und was verkehrt? Das können sie mit Hilfe des Gewissens. Das Gewissen ist kein relativer Begriff, wie z.B. gut und böse. Das Gewissen ist etwas Absolutes. Es ist ein Prinzip und es ist der Faktor im Bewusstsein des Erdenmenschen, der ihn durch eine Reihe von Inkarnationen vom Tier zum Menschen verwandelt. Dies kann mit einem hellen und einem dunklen Schatten verglichen werden, der uns folgt, so wie wir einen dunklen Schatten haben, wenn wir in der Sonne stehen. Uns folgt auch rein mental ein heller „Schatten“ oder ein helles Feld, wie wir auch rein mental einen dunklen Schatten haben. Jedes einzelne Lebewesen erfüllt einen Zweck im Plan der Vorsehung und wenn es sich um die Erdenmenschen handelt, so erfüllt jeder Einzelne von ihnen einen Zweck in der Erschaffung des wahren Menschenreiches hier auf Erden.
Um mit dem Plan der Vorsehung oder mit dem Weltplan ganz in Kontakt sein zu können, müssen die Menschen mit einem Prinzip versehen sein, nach dem sie steuern können, und ein solches Prinzip ist eben das helle Feld, das ihnen folgt. Es existiert nicht in physischer Materie, sondern ist eine psychische Realität, und dieses mentale helle, leuchtende Feld haben wir alle in Form der Ideale vom wahren Menschenreich in unserem Bewusstsein. Denn unser Wunsch ist es, eben diese Ideale verwirklichen zu können.
Unsere Wünsche, Ideale und Sehnsüchte bilden ein leuchtendes mentales Feld
Wenn wir schöne Musik hören, haben wir als Ideal vor Augen, so spielen oder komponieren zu können, wie die, die diese Musik geschaffen haben. Bewegen wir uns in der Natur und bewundern ihre Farbenszenerien, erwacht in uns eine Sehnsucht, all das, was der Schönheit und Logik der Natur zugrundeliegt, zu kennen und ihm Ausdruck zu verleihen.
Wenn wir die Fehler und Mängel betrachten, die unsere Zivilisation so deutlich zeigt, sehnen wir uns danach, eine bessere soziale und internationale Struktur zu schaffen. Wir haben eine Menge von Idealen, Wünschen und Zielen, deren Erfüllung wir ersehnen, und diese zusammen bilden das leuchtende Feld, das wir in uns haben. Wenn wir in der Bibel lesen, dass Moses die Israeliten mit Hilfe einer Feuersäule, die immer vor ihnen herzog, durch die Wüste führte, so war dies in Wirklichkeit ein solches leuchtendes mentales Feld, das ihn führte. Es war nichts Physisches.
Unsere Ideale sind das leuchtende Feld, das wir in uns haben. Diese Ideale müssen natürlich denen, die den Überblick über sie haben, als etwas Relatives erscheinen,. Mit kosmischem Bewusstsein betrachtet, sieht man, dass sie Stufen sind, Stufen über und Stufen unter dem leuchtenden Feld, dunkler, je ferner sie von diesem Feld sind, und leuchtender, je mehr sie eins mit ihm sind. Daher sind ja das „Gute“ und das „Böse“ relative Begriffe. Deshalb bekommen wir nicht alle Gewissensbisse von denselben Dingen. Wie weit dieselbe Manifestation Freude oder Kummer in unserem Gemüt verursacht, hängt davon ab, wie weit wir auf der Wanderung zu dem großen Bauwerk gekommen sind, das das „wahre Menschenreich“ heißt.
Wie kann man aber sagen, dass das Gewissen absolut ist, ein Prinzip, wenn es aus relativen Idealen besteht? Die Relativität der Ideale entsteht dadurch, dass die Ideale von diesem oder jenem erdenmenschlichen Standpunkt aus gesehen werden. Ihr Zustand und Hervortreten, ihre „Form“ und „Farbe“ hängen davon ab, von welcher Bewusstseinsstufe aus sie gesehen werden. Sie sind vom einstweiligen mentalen Niveau des Menschen gefärbt, so wie z.B. die Farbe des Waldes für uns rein physisch davon abhängig ist, ob wir den Wald in weiter Ferne als bläulichen Horizont oder in der Nähe erblicken oder uns in ihm befinden.
So wie der Wald sich verwandelt, je näher wir kommen, so ändern sich auch unsere Ideale, je näher wir Stufe um Stufe in unserer Entwicklung dem wahren Menschenreich kommen. Allmählich werden die Ideale der Erdenmenschen von der detaillierten Struktur dieses Reiches geprägt und das Ideal des Tierreichs, das Machtprinzip, das Recht des Stärkeren, das immer noch als mentaler dunkler Schatten der Menschheit folgt, wird in der bläulichen Ferne des Horizonts verschwinden.
Herzlichst Martinus
Aus einem Vortrag in Klint am 12.7.1942, bearbeitet von Mogens Møller und von Martinus gutgeheißen, erste Veröffentlichung im dt. KOSMOS 1-2/1976.
Zum ersten Mal im dänischen Kosmos Nr. 1-2, 1975 mit dem Titel: "Samvittighed" erschienen.
Übersetzung: Christa Rickus, Erich Gentsch
© Martinus Institut 1981 www.martinus.dk