Die Quelle des Glücks.
Kolumne von Karl Gamper -
"Das Glück is a Vogerl, gar liab, aber scheu; es lasst si schwer fangen, aber fortg'flogn is glei." Raunzend und melancholisch-weinlaunig tönt so eines der wohl bekanntesten Wiener Heurigenlieder und trifft damit den Nagel auf den Kopf.
Glück, verstanden als "a Vogerl" – nicht nur in Österreich… in dieser mentalen Fitness wird das Verständnis von Glück weitergegeben. Seit Generationen.
Das Flüchtige des Glücks wird dabei ebenso besungen wie das Trügerische, das Polare wie das Unbestimmte. Denn was für den einen Glück, kann für den anderen Unglück sein. Ebenso kann das, was uns heute als glückliche Fügung erscheint, morgen schon eine Bleikugel am Bein sein. Denn Glück ist ein Gefühl, das aus einer Interpretation entsteht.
DER URSPRUNG DES WORTES
Die Herkunft des Wortes "Glück" verliert sich im Nebel der Zeit. Sprachforscher weisen auf das 12. Jhdt., wo im Mittelhochdeutschen das Wort "Gelucke" zu finden ist. Das wiederum weist auf "gelingen" hin, allerdings mit einem wichtigen Beigeschmack – nämlich dem von "leicht". Leicht muss das Glück kommen. Im Französischen ist das Glück daher "leger", "bequem" – und im Englischen finden wir noch das "luck" aus Gelucke. Good luck.
Glück ist ursprünglich somit das Gelungene, das leicht Erreichte, der günstige Ausgang eines Ereignisses. Das Glück steht somit am Ende, es ist die Belohnung für vorangegangene Bemühungen.
Daher trifft das Glück am ehesten den Tüchtigen, auch wenn der Pate des Glücks oft der Zufall ist. "Glück" – so der überwiegende Tenor der heutigen Glücksforschung – sei: "…das zu bekommen, was man sich wünscht."
DAS STREBEN NACH GLÜCK
wurde im Laufe der Zeit so sehr mit dem menschlichen Wesen verbunden, dass es als "Pursuit of Happiness" 1776 in der amerikanischen Unabhängigkeiterklärung verankert wurde. "Persuit" lässt sich übersetzen als "Streben nach…" oder auch "Jagd nach…" in unserem Fall Glück. Das Streben, die Jagd nach dem Glück – wurde ein fundamentaler Wert nicht nur der amerikanischen Gesellschaft.
Viele jagen dem Glück nach wie der Esel der Karotte. Denn Glück wurde und wird mit äußeren Ereignissen gleichgesetzt. Erschwerend kommt das Vergessen hinzu, dass Glück polar ist und somit immer auch das Gegenteil mitschwingt: das Unglück. Wer einseitig nur nach Glück strebt – den erreicht auch die Kehrseite der Medaille. Und da Glück von äußeren Umständen und Ereignissen abhängig ist – wurde es uns ein Vogerl, scheu, flüchtig, schwer zu fangen. "Fortg'flogen is glei."
DIE QUELLE DES GLÜCKS
Wir haben gesehen: Glück wird durch äußere Umstände ausgelöst. Diese bewerten wir als glücklich oder unglücklich. Doch die Quelle von Glück – wo ist diese? Die Quelle des Glücks liegt innen. Die Quelle des Glücks ist weder flüchtig noch polar. Die Quelle des Glücks ist vollkommen unabhängig von äußeren Ereignissen – wenngleich sie diese hervorruft. Wie innen – so außen. Die Quelle des Glücks ist die Freude.
Freude will verstanden werden. Denn Freude ist weniger ein Gefühl – wenngleich wir Freude sehr wohl fühlen können. Freude ist eher ein Zustand. Ein Bewusstseinszustand. Genau genommen ist Freude ein Zustand der Transzendenz.
Man ist weder glücklich noch unglücklich, sondern vollkommen in Frieden, in der Stille, im absoluten Gleichgewicht. Du bist so still und so lebendig, dass deine Stille zu einem Lied der Freude wird. Aus dem Ozean der Freude formen sich glückliche Umstände und letztlich ein geglücktes, gut gelebtes Leben.
Ich möchte mit einem privaten Bekenntnis schließen:
Freude wurde mein zentrales Forschungsthema. Und die "Karawane der Freude" – ist nicht nur mein jüngstes Buch, sondern auch mein strahlendstes Projekt. Freude.
Herzlichst Karl Gamper
