Gott auf Wohnungssuche
von Dagmar Berg
Wie wir wissen, war Gott zunächst alles. Das Heißt, alles war auch seine Wohnung. Man unterschied damals noch nicht zwischen Himmel und Erde und Hölle. Es gab nur alles und das war Gott. Doch dann entschloss sich Gott das Paradies zu erschaffen. Das nannte man später den Garten Gottes, in dem er gerne lustwandelte. Wir können heute nur vermuten, dass im Sinne der Dualität neben dem Paradies auch der Beginn der Hölle entstand. Doch darüber wird in der Bibel zunächst nichts berichtet.
Zunächst lebte Gott zusammen mit den Menschen und vermutlich auch den Tieren, die es zwischenzeitlich gab, in trauter Eintracht im Paradies. Dort hatte sich Gott seinen Lieblingsbaum gepflanzt, unter dem er oft saß und meditierte, wie wir heute sagen würden. Dabei kamen ihm immer gute Ideen, die er später verwirklichte. Deshalb hatte er diesen Baum den Baum der Erkenntnis genannt. Wahrscheinlich saß Buddha tausende von Jahren später auch unter so einem Baum und wurde deshalb erleuchtet.
Doch da Gott sich in seiner unendlichen Weisheit dachte, noch ist der Mensch nicht so weit, verbot er Adam und Eva, von den Früchten dieses Baumes zu essen. Doch was taten die Beiden? Jeder weiß es heute, die Schlange verführte Eva und diese überzeugte, wie alle Frauen, ihren Mann, von der verbotenen Frucht zu essen. Das war ein Fehler in Gottes Plan. Denn nun erkannten die beiden, dass sie nackt waren. Dies bedeutete, sie erkannten die Andersartigkeit der Geschlechter. Deshalb bedeckten sie sich gleich mit einem Feigenblatt.
Anstatt dass Gott sie nun über die Folgen ihrer Andersartigkeit aufgeklärt hätte, verwies er sie des Paradieses und warf sie hinaus. Also mussten sich Adam und Eva nun eine neue Wohnung suchen. Sie fanden nur eine Höhle, in der sie sich verkrochen. Dort drin war es dunkel, eng und kalt. So geschah, was nicht ausbleiben konnte, sie kuschelten sich aneinander, um sich zu wärmen.
Da sie jedoch entdeckt hatten, dass es einen gewissen Unterschied zwischen ihnen gab, nahm die Natur ihren Lauf und bald war Eva schwanger. Kain wurde mit Schmerzen – Gott hatte dies als Strafe verhängt, um weitere Zeugungen zu verhindern- geboren. Doch das hielt die beiden nicht ab und kurze Zeit später kam Abel zur Welt. Obwohl nun laut Bibel Kain Abel erschlug, gab es noch viele, viele Nachkommen von Adam und Eva. Zumal beide uralt wurden und lange zeugungsfähig blieben.
Wie wir aus der späteren Geschichtsschreibung wissen, wurden häufig neue Ehen geschlossen, Frauen getauscht und so die Lust des Mannes für viele Jahre aufrechterhalten. Wie wir dies bis in unsere Tage sehen. Da es noch keine Empfängnisverhütung gab, bedeutete dies jedoch viele, viele Nachkommen.
Bald entstand so ein richtiges Sodom und Gomorrha und Gott sah sich genötigt, wieder Ordnung in das ganze Chaos auf Erden zu bringen.
Er suchte sich Noah, als rechtschaffenen und bereits älteren Mann aus und befahl ihm, die Arche zu bauen. Durch eine große Überschwemmung, man nannte sie später Sintflut, wollte er die Erde wieder etwas leerer und bewohnbarer machen. Doch weit gefehlt! Bereits in der Arche wurde nicht nur Noahs Frau, sondern auch die Frau seines Sohnes erneut schwanger. So begann die Bevölkerung der Erde aufs Neue.
Gott hatte sich jedoch vorgenommen, so ein Massensterben wie bei der Sintflut sollte es nicht noch einmal geben. Deshalb ließ er die Menschen erst einmal gewähren. Er versuchte sie durch Botschaften, die in der Kirche verkündet wurden, davon zu überzeugen, dass sie sich nur „erkennen", das heißt Sex miteinander haben sollten, wenn sie Nachwuchs haben wollten.
Doch das Leben auf der Erde war so hart – Gott hatte ja selbst dafür gesorgt, dass der Mensch im Schweiße seines Angesichtes sein Brot verdienen musste – dass die Menschen sich immer wieder erkennen wollten und einfach Lust an der Liebe fanden. So entstanden immer mehr Menschen.
Also kam Gott auf die Idee, dass der Mensch sich immer wieder selbst ausrotten sollte. Er erschuf Neid und damit Kriege. Doch der Mensch überlebte sein eigenes Massensterben. Er erschuf selbst Glaubenskriege und Kreuzzüge. Die Menschheit reduzierte sich zwar, aber kurze Zeit später gab es noch mehr Menschen.
Gott schickte ihnen Krankheiten, die Pest war seine schlimmste Geisel. Doch auch Krankheiten brachten nur kurze Zeit eine Reduzierung. Der Mensch fand Mittel und Medikamente, an die Gott nie gedacht hätte, um die Krankheiten zu bekämpfen. Die Erde war nun schon richtig übervölkert. Die Nahrung reichte nicht mehr aus, viele Menschen verhungerten, doch es gab immer neuen Nachwuchs.
So zog sich Gott in sein Paradies zurück und hatte erstmals seine Ruhe. Doch nicht lange. Ein Mensch der später Buddha genannt wurde, setzte sich unter einen Ableger des Baumes der Erkenntnis und zog sich in Gedanken völlig von der Welt zurück. So entdeckte er sein Nirwana, das eigentlich das Paradies war, und fand Gott.
Zunächst war Gott erfreut, dass ein Mensch den Weg zurück zu ihm gefunden hatte, doch als immer mehr Seelen entweder schon zu Lebzeiten den Weg ins Paradies fanden, oder als reines Bewusstsein zu ihm zurück kamen, wurde es ihm langsam zuviel.
Er dachte darüber nach, aus dem Paradies auszuziehen und sich eine neue Wohnung zu suchen. Doch wer einmal im Paradies gewohnt hat, geht freiwillig nicht mehr raus und mag nicht mehr wo anders hinziehen.
Also entschloss sich Gott, alle Geister, die er gerufen hatte und denen er versprochen hatte, in seinem Haus wäre für alle Platz, zu einer anderen Lösung, die wahrhaft göttlich war. So wie er den Menschen und alles aus sich erschaffen hatte, so nahm er wieder alle in sich auf und wurde wieder eins mit ihnen. Dies ersparte ihm sich eine neue Wohnung zu suchen.
Ihre Dagmar Berg