The Holy Guardian Angel (HGA)
Der Heilige Schutzengel
Geschichte und Aktualität eines magischen Konzepts
Teil 3
Thematisches Gespräch zwischen
Stephen Mace (Autor USA), Georg Dehn (Hg. Buch Abramelin), Thula von Irminsul (Autorin) und Frank Cebulla (Magazin Der Golem). Als Dolmetscherin fungierte Barbara Roca
Frank: Kommen wir zur eigentlichen Frage zurück: Wer oder was ist nun der Schutzengel?
Stephen: Du kannst anfangen, Georg!
Um das klar sagen zu können, müßte man einen objektiven Standpunkt außerhalb von sich selbst und dem Engel einnehmen können. Das aber ist unmöglich. Denkbar sind drei Möglichkeiten: Ein bestimmter Teil des Unbewußten oder eine äußere, unabhängige Intelligenz oder daß die rituelle Anrufung selbst eine Wesenheit erzeugt, entsprechend deinem Wunsch.
Georg: Mit der dritten Möglichkeit bin ich überhaupt nicht einverstanden. Aus ungeformter Materie einen Schutzengel selbst zu erzeugen, kann nicht der Fall sein. Dies würde eher zu den Eigenschaften der niederen psychischen Wesenheiten passen und nicht zur hohen Ebene des Heiligen Schutzengels.
Bei Abramelin gibt es höhere und niedere Geister, wobei die höheren Geister auch mehr Kraft besitzen.
Frank: Muß ein Geist, der außer Kontrolle gerät, unbedingt negativ sein?
Stephen: Negativ oder nicht. Er bringt einfach Dein Leben durcheinander.
Frank: Also nicht in einem moralischen Sinne?
Stephen: Keineswegs.
Ein nicht kontrollierter Geist kann katastrophale Auswirkungen haben. Das hängt nicht von der moralischen Bewertung ab. Es ist lediglich ein Aspekt der Kontrolle, die der Magier über ihn hat.
Georg: Hier lege ich Widerspruch ein. Ich denke, daß man die höheren Geister nicht kontrollieren kann. Sie sind Geister der Harmonie auf einer hohen spirituellen Ebene. Der Unterschied zu Abraham von Worms ist in der Praxis mit Geistern schon ein moralischer. Immer wenn es um Kontrolle geht, hast Du es mit Dämonischem zu tun.
Frank: War dann Abraham von Worms nicht in einem Gut-und-Böse-Schema gefangen, so wie er für den allgemeinen jüdisch-christlichen Kulturkreis typisch ist?
Stephen: Er besaß einen gebildeteren Standpunkt und hatte es nicht nötig zu moralisieren. Er meinte damit einfach nur, daß man richtig handeln wird, wenn man seine niederen Instinkte kontrolliert.
Frank: In der Psychologie würde man das Geistermodell vermutlich als Persönlichkeitsspaltung auffassen und als Ziel die Einheit der Persönlichkeit einfordern. Ist das ein Widerspruch? Auf der einen Seite die vielen selbständigen Persönlichkeitsanteile, auf der anderen Seite der Gedanke der Einheit?
Stephen: Es geht mehr um den Bewußtseinszustand, aus dem heraus man reflektiert und arbeitet. Dieses Bewußtsein ist der übergreifende Moment und entspricht der Einheit der Person.
Frank: Ist der Heilige Schutzengel dabei eine Hilfe?
Stephen: In der Tat ist er eine große Unterstützung. Er hilft allerdings nur dann, wenn Du ihn darum bittest. Diese Dynamik mußt Du vorher wissen, bevor Du an ihn herantrittst. Mit dem entsprechenden Bewußtsein brauchst Du nicht mehr als eine halbe Stunde, um auf der astralen Ebene eine Lösung für Dein Problem zu finden.
Allerdings kann die vollkommene Beherrschung Deiner Probleme Jahre dauern. Sie bedeutet eine vollständige Integration aller Deiner Persönlichkeitsanteile.
Frank: Wie kann ich mir sicher sein, daß es wirklich der Schutzengel ist, der mich so unterweisen will und nicht ein x-beliebiger Geist?
Stephen: Der Weg, auf dem ich das absichere, ist, daß der Engel keine Verhaltensmaßregeln erstellt. Wenn der Engel sagt „Du bist nicht heilig, weil Du eine Stereoanlage gekauft hast“, dann ist es nicht der Schutzengel.
Vielen Dank an alle Beteiligten!