Facebook – Welchen Preis bist Du bereit zu zahlen?
von Carmen Piltz -
Dieser Titel erscheint vielleicht erstmal unpassend für eine spirituelle Plattform wie diese zu sein, aber ich möchte versuchen zu zeigen, dass Social Media und insbesondere Facebook mit seinen neuen Datenschutzrichtlinien, sehr viel mit Bewusstsein zu tun hat und geradezu eine Aufforderung ist, sich bewusst mit dem eigenen Verhalten auseinander zu setzen.
Er ist nicht als „Anklage“ gemeint, sondern als Anregung, sich genau anzusehen und aktiv zu überprüfen wie die Faktenlage ist, damit man daraufhin eine wirklich bewusste Entscheidung treffen kann – egal, ob für oder gegen Facebook, wenngleich ich zugebe, dass der Artikel eine „Färbung“ hat, weil ich als Autorin ein Mensch mit einer persönlichen Meinung bin und keinen professionellen Journalismus betreibe.
Ich bin (bzw. war) selbst Facebook Nutzerin, wenn auch eher in überschaubarem Maße, und war extrem erschrocken über die zum 30. Januar 2015 neu eingeführten Richtlinien. Wie man überall lesen konnte, laufen Datenschützer Sturm dagegen, weil diese Richtlinien in Deutschland verfassungswidrig sind.
Facebook argumentiert jedoch, dass sein europäischer Firmensitz in Irland liegt und damit deutsches Recht für das Unternehmen nicht gilt (clever). In meinem Umfeld (wo fast jeder bei Facebook ist) habe ich kaum Reaktionen bemerkt und auch bei direktem Nachfragen („Wie gehst Du denn jetzt damit um?“) stellte ich fest, dass eigentlich keine Konsequenzen daraus gezogen werden oder das Ganze eher als „nicht so tragisch“ empfunden wird, so jedenfalls mein Eindruck.
Da ich selbst völlig anders eingestellt war, fragte ich mich: Reagiere ich über? Habe ich etwas falsch verstanden? Ich fing deshalb an, mich ausführlicher zu informieren und möchte die gesammelten Informationen hier teilen. Ich verwende hierzu auch ein paar Zitate (kursiv gekennzeichnet) aus Facebooks eigener Erklärung zu den neuen „Bedingungen und Richtlinien“ („Updating Our Terms and Policies“) um die Frage zu beantworten: Was heißt das konkret?
„…wir führen auf der Grundlage der von dir auf und außerhalb von Facebook genutzten Apps und Webseiten (Online-Behavioral Advertising – auf dem Online-Verhalten basierende Werbung) die Verbesserung von Werbeanzeigen ein …“
Das heißt im Klartext: Wir beobachten Dein gesamtes Online-Verhalten (nicht nur das, was bei Facebook passiert!), wir sammeln diese Daten und Informationen und verwerten sie.
Dadurch wissen wir dann, welche Zeitung Du online liest, was Du in Online Apotheken einkaufst, bei welcher Bank Du Online-banking machst, wo und wie oft Du Klamotten/Bücher/Möbel/Sextoys bestellst, welche Routen Du Dir im Routenplaner ausdruckst, für welche Kurse und Seminare Du Dich online interessierst und anmeldest, usw. – aber das machen wir nur, um Dir dann aufgrund dieser Daten bessere Werbung zu Verfügung stellen zu können.
In meinem Verständnis ist das gleichbedeutend damit, dass ich wildfremden Personen Alles preisgebe, was sonst nur ich selbst weiß, was meine Familie oder gute Freunde wissen, so als hätte ich jedes Mal, wenn ich meinen Browser öffne, einen kleinen Spion auf der Schulter sitzen. Angeblich kann man diese Zugriffe über Einstellungen am eigenen Endgerät zum Teil blockieren, wofür man allerdings technisch versiert sein muss.
„Wir bitten um deine Erlaubnis, die Ortungsdienste deines Handys zu verwenden...“
Das hört sich ja erstmal ganz nett an. In der Praxis ist es aber so, dass man durch das normal übliche Einloggen hierzu schon automatisch sein Einverständnis gegeben hat und erst aktiv nach der Ausschaltfunktion suchen muss.
Wer das schon mal probiert hat weiß, dass Ausschaltfunktionen bei Facebook generell sehr schwer zu finden -man könnte auch sagen, sehr gut versteckt- sind. Was bedeutet das jetzt aber?
Es bedeutet, dass ich Facebook erlaube, immer über mein Handy zu wissen und zu kontrollieren wo ich bin. Für mich ein extrem beunruhigender Gedanke. Aber es geht ja nur darum, mir dabei zu helfen, ein passendes Restaurant in der Nähe zu finden oder mir ein Geschäft um die Ecke zu empfehlen, was genau die Sneaker verkauft, die ich gestern gegoogelt habe.
Es wird sehr geschickt immer wieder darauf hingewiesen, dass man bestimmte Funktionen ausschalten kann (wenn man das überhaupt technisch hinbekommt) und letztendlich ist die Teilnahme an Facebook ja generell freiwillig.
Aber ist Facebook wirklich das „Unschuldslamm mit den besten Intentionen zum alleinigen Wohle des Nutzers“, für das es sich ausgibt? Immerhin wollen sie meine Daten, Alles, was es über mich zu wissen gibt (wo ist hier der Unterschied zum Überwachungsstaat, frage ich mich?).
Und wer kontrolliert und stellt eigentlich sicher, dass diese gesammelten Daten überhaupt bei Facebook bleiben und nicht „weitergereicht“ werden? In jedem Fall kein Organ des deutschen Staates, denn man unterliegt je lediglich dem irischen Recht (wobei in der Praxis alle Daten nach Amerika weitergeleitet und dort verarbeitet werden).
Im Übrigen ist es auch ein weiterer cleverer Schachzug, dem Nutzer das Gefühl zu geben, dass sich nichts geändert hat, dass alles beim Alten geblieben ist, indem er durch normales Einloggen wie immer -und in völliger Passivität- sein Einverständnis zu den neuen Nutzungsbedingungen gegeben hat: Wer da ist, macht mit.
Summa summarum: Der stolz zitierte Werbeslogan „Facebook ist und bleibt kostenlos!“ stimmt jetzt nicht mehr so ganz, denn Facebook kostet jetzt Deine Privatsphäre.
Mir ist selbstverständlich bei aller Kritik klar, dass viele Menschen sehr an Facebook „hängen“, vielleicht kann man sogar sagen, dass Einige sich regelrecht davon abhängig gemacht haben.
Wenn man einen Großteil oder sogar seine gesamte soziale Kommunikation über Facebook steuert, ist es scheinbar unvorstellbar, da auszusteigen.
Man wäre außen vor, nicht mehr dabei, hätte keine Ahnung mehr, was los ist – im wahrsten Sinne des Wortes OUT.
Wenn man seine berufliche Webpräsenz über Facebook aufgebaut hat, seine Projekte oder Veranstaltungen darüber bewirbt, seinen Vertrieb damit in Gang hält, ist es scheinbar unmöglich, sich abzumelden.
Und zugegebenermaßen ist Facebook (derzeit) einfach unschlagbar, wenn es darum geht, in kurzer Zeit viele Menschen mit Informationen zu erreichen (weshalb es auch schade ist, dass ich diesen Artikel dort nicht werde posten können).
Trotz dieser offensichtlichen „Nachteile“ und des offensichtlichen Druckes der Massenabhängigkeit möchte ich dazu ermuntern, sich die Frage zu stellen,
„Welchen Preis bin ich bereit für Facebook zu zahlen?“, wie auch immer dann die Antwort ausfällt, in welche Richtung man sich entscheidet oder vielleicht auch ein Zeichen setzen möchte.
Im Sinne der bewussten Ausrichtung im Leben und auch der Bewusstseinserweiterung halte ich persönlich es für absolut wichtig, sich aktiv mit den Dingen auseinanderzusetzen, genau hinzusehen und sich die Mühe einer klaren und tiefgehenden Überprüfung zu machen, auch wenn dies der unbequemere Weg ist.
Carmen Piltz