Beziehungen.
von Carmen Piltz -
Zwischenmenschliche Beziehungen machen uns Menschen zu einem wesentlichen Teil aus, und wir leben sie überall: Innerhalb unserer Familie, mit unseren Kindern und Eltern, mit Freunden, Bekannten und Verwandten, beruflichen Kontakten, Kunden oder Klienten, Freizeitpartnern, Lebenspartnern, Ehepartnern, usw.
Beziehungen unter Menschen sind nicht nur überall zu finden, sie sind auch unglaublich komplex, vielschichtig, vielfältig und vor allem ständig in Entwicklung und Bewegung. Auch in meiner Praxistätigkeit erlebe ich ständig neue Beziehungsmodelle, Verhaltensweisen in Beziehungen und Problemstellungen innerhalb von Beziehungen.
Man könnte fast sagen, nahezu jeder Klient kommt mit einem Anliegen zu mir, was auf die eine oder andere Weise mit Beziehungen (oder dem Mangel an Beziehungen) zu tun hat.
Aufgrund dieser Erfahrungen stellt sich mir beruflich, wie persönlich, immer wieder die Frage:
Was macht stabile und stimmige Beziehungen wirklich aus? Oder anders gesagt:
Was ist der Schlüssel für „gute“ Beziehungen?
Zunächst ist es wichtig festzuhalten, dass man diese Frage sicher nicht allgemein und grundsätzlich beantworten kann. So unterschiedlich wir Menschen sind, so unterschiedlich sind auch unsere Ideen und Vorstellungen, was eine gute Beziehung, Ehe, Freundschaft oder Partnerschaft ausmacht, sowie unsere Bedürfnisse dahingehend.
Insofern gibt es keinen „Anspruch auf Richtigkeit“ bei der folgenden Zusammenstellung. Ich möchte vielmehr versuchen, einen Überblick über Qualitäten, Eigenschaften und Einstellungen zu geben, die meiner Erfahrung nach zu Zufriedenheit in Beziehungen beitragen und eine gute Basis bilden.
Sie sind als einzelne „Bausteine“ zu betrachten. Nicht in jeder Beziehung spielen alle diese gesammelten Aspekte eine Rolle, manchmal vielleicht nur einer oder zwei. Sie sind als Inspiration gemeint und eine Einladung, die eigenen Beziehungen aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten, durch einen anderen Filter. Ich wünsche Ihnen viel Freude, Inspiration und Bereicherung dabei.
Gegenseitiger Respekt
Gegenseitiger Respekt sollte im Idealfall in jeder Begegnung vorhanden sein. Respekt bedeutet nicht, dass man sein Gegenüber mögen muss oder seiner Meinung sein muss. Respekt hat mit einer generellen Achtung gegenüber anderen Menschen zu tun, auch wenn diese andersartig, fremd und vielleicht sogar unangenehm sind.
Respekt drückt sich zum Beispiel durch Höflichkeit aus, dadurch, dass man auf seine Worte und Taten achtet und sich darin übt auf andere Rücksicht zu nehmen. Es geht also nicht darum, jeden den man trifft, zu lieben.
Es geht darum, eigene egoistische Motive zu überprüfen und generell darauf zu achten, auf welcher Basis und in welcher Grundhaltung man anderen Menschen gegenüber tritt.
Und natürlich auch im Umkehrschluss darauf zu achten, wie mit einem selbst umgegangen wird. Jeder sollte darauf achten und Wert darauf legen, respektvoll behandelt zu werden. Wenn in Beziehungen der Respekt voreinander verloren geht, sind Verletzungen vorprogrammiert.
Toleranz und Akzeptanz
Wir sind alle verschieden und haben unterschiedliche Meinungen, Erfahrungen, Lebenseinstellungen, Prägungen und Blickwinkel. Es ist also nur natürlich und sinnvoll, dass man im Zwischenmenschlichen lernt oder darauf achtet, das „Andersartige“ zu tolerieren und zu akzeptieren, denn wirklich ändern kann es sowieso nur die betreffende Person selbst.
Selbstverständlich geht es nicht darum, alles, so wie es ist, unreflektiert und „blind“ hinzunehmen. Man kann (und sollte sich auch das Recht nehmen) kritisch zu sein oder etwas zu hinterfragen.
Gleichzeitig gilt es aber auch zu akzeptieren, wenn man es nicht verändern kann (beispielsweise einen anderen Menschen). Daraus kann man unter Umständen persönliche Konsequenzen ziehen oder es auch einmal zum Anlass nehmen, die eigene Position zu überprüfen.
Toleranz und Akzeptanz sind Qualitäten, die für eine gewisse Reife sprechen, denn sie bezeugen, dass jemand gelernt hat, dass die Welt sich nicht ausschließlich um ihn oder sie dreht und die Andersartigkeit keine Bedrohung per se darstellt.
Begegnung auf Augenhöhe
Das folgende Beispiel hilft gut zu verdeutlichen, warum eine gemeinsame Augenhöhe (in vielen oder zumindest einigen Bereichen einer Beziehung) meiner Meinung nach sehr wichtig ist: Eine Person spielt Tennis, und dies auf einem guten bis sehr guten Niveau. Als Trainingspartner hat die Person jemanden, der deutlich „schlechter“ spielt, mit weniger Tempo, Probleme hat die Aufschläge zu retournieren und auch läuferisch überhaupt nicht mithalten kann.
Auf Dauer wird diese Trainingsbeziehung sich wahrscheinlich schwierig gestalten, da der fortgeschrittene Spieler nicht gefordert ist und der schwächere Spieler überfordert ist. Natürlich ist in einer Eltern-Kind-Beziehung so eine Situation normal, aber wenn es zum Beispiel um Lebenspartnerschaften oder Ehen geht, wird sich solch ein Ungleichgewicht immer bemerkbar machen.
Wenn Beziehungen dafür gemacht sind, mit und an einander zu wachsen und sich zu entwickeln, dann ist eine gleiche oder ähnliche Augenhöhe unerlässlich für einen fruchtbaren Austausch, der beide Partner voran bringt und nicht blockiert oder überfordert.
Auch in Freundschaften stellt die Begegnung auf Augenhöhe eine wichtige Basis dar, sie stellt sicher, dass man sich im Gleichgewicht befindet und gegenseitig darauf achtet, dass das Verhältnis von Geben und Nehmen innerhalb der Freundschaft im Einklang steht.
Aufrichtigkeit
Aufrichtigkeit ist ein hohes Gut. Jeder weiß, wieviel ein Freund wert ist, der den Mut hat, einem ehrlich zu begegnen und auf dessen ehrliche Meinung oder Einschätzung man bauen kann.
Aufrichtigkeit hat generell viel mit Mut zu tun und mit dem Wissen, dass man in Wohlwollen einem anderen gegenüber aufrichtig ist, dabei in Verantwortung steht und sich ebenfalls gewisser Grenzen bewusst ist.
Beispielsweise der Grenze zur Taktlosigkeit, Unhöflichkeit oder Pietätlosigkeit. Wenn man einen wahrhaftig aufrichtigen Umgang miteinander pflegen will, ist es unbedingt nötig, einander vorab zu vertrauen und auf der Basis zu kommunizieren, dass das Gegenüber in jedem Fall liebevoll aufrichtig ist und in Selbsttreue und in Hingabe für den anderen handelt, wenn er oder sie etwas mitteilt, was vielleicht unangenehm oder eine Herausforderung für den anderen (und sein Ego) ist.
Aufrichtiger Umgang bedeutet aber ebenso, dass man das, was man sagt und tut, auch genauso meint. Und das macht eine Beziehung besonders eindeutig, zuverlässig und schafft klare Verhältnisse, wo man genau weiß, woran man ist.
Werte teilen
Jeder kennt das Gefühl, dass ein gemeinsames Erlebnis mit einem anderen Menschen eine besondere Verbindung schafft, eine gemeinsame Erinnerung, gemeinsam verbrachte Lebenszeit. Man teilt Werte mit einem anderen Menschen.
Beispielsweise Kinderliebe, Genuss von Essen oder Getränken, Zärtlichkeit, Hilfsbereitschaft, Lachen, Tatkraft, Kreativität, Abenteuerlust, Vertrauen, usw.
Wenn man weiß, welche Werte der andere lebt, welche Werte man selbst lebt und welche dieser Werte sich überschneiden oder identisch sind, weiß man genau, was einen mit dieser Person verbindet. Dieses Gefühl gibt einem viel Sicherheit innerhalb einer Beziehung, weil es etwas Zuverlässiges und Nachhaltiges ist.
Werte sind Dinge, auf die man Wert legt. Diese können sich natürlich auch mit der Zeit verändern, ergänzt werden oder unwichtiger werden. Überprüfen Sie einmal, welche Werte Sie mit ihrem Partner, Freund oder Kollegen teilen. Es gibt enorm viel (und interessanten) Aufschluss über ihre Verbindung.
In den folgenden Teilen erwarten Sie diese „Bausteine“:
Vertrauen und Zuverlässigkeit
Gegenseitige Wertschätzung
Kommunikation
Einen eigenen Standpunkt haben (Ein eigenes Leben haben)
Nachsicht und Verständnis
Die richtige „Tiefe“ miteinander finden
Grenzbewusstsein
Verbindlichkeit
Selbstreflektion
Humor
Wohlwollen und liebevoller Umgang
Herzlichst
Carmen Piltz